Dr. Jürgen Müller Foto: privat |
Die Nazis verschärften den Paragrafen 175 im Jahr 1935 dahingehend, dass nicht nur „beischlafähnliche“ Homosexualität“, sondern auch schon „ein wollüstiger Kuß zwischen Männern“ mit mehrmonatigen Gefängnisstrafen geahndet wurde. Viele Männer verloren ihre Existenz, wie etwa Müllers Beispiel eines Juristen zeigte, dem seine Antwaltszulassung entzogen wurde und der aus der Not heraus fortan als Portier arbeiten musste. Die von Müller recherchierte Aktenlage des in Düsseldorf ansässigen Homosexuellen-Referates der Geheimen Staatspolizei, zeigt, dass sich viele homosexuelle Männer in den großen Nachbarstädten Essen und Duisburg trafen. Bevorzugte Treffpunkte waren die Hauptbahnhöfe, öffntliche Toiletten, Parks, Badeanstalten und einschlägige Lokale. Wer unter dem Verdacht der Homosexualität von der Gestapo verhaftet wurde, musste damit rechnen, gefoltert zu werden.
Noch schlimmer erging es männlichen Prostituierten. Wurden sie von der Gestapo zweimal wegen homosexueller Prostitution verhaftet, wurden sie sofort in ein Konzentrationslager eingeliefert oder sogar zum Tode verurteilt. Jürgen Müller hat interessanterweise herausgefunden, dass lesbische Frauen, anders alls schwule Männer, von den Nazis nicht verfolgt wurden.
Seine Erklärung dafür lautet: „Das lag daran, dass die Nazis Frauen keine eigenständige Sexualität zubilligten und auch lesbische Frauen weiterhin Kinder gebären konnten.“ Lesbische Frauen wurden allerdings öffentlich als „asozial“ gebrandmarkt und konnten ihre Liebe nur heimlich leben.
Dieser Text erschien am 14. Oktober 2017 in NRZ/WAZ
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