Sie werfen das Grundgesetz in den Müll? So fragt mich streng ein Stadtverordneter, den ich, Zufall der Geschichte, am Samstag beim Altpapiercontainer treffe, wo ich neben diversen Zeitungen auch eine Miniaturausgabe des Grundgesetzes als Altlast entsorge.
Nicht dass ich der Ansicht wäre, dass man das Grundgesetz auf den Müllhaufen der Geschichte werfen könnte oder sollte. Gott, bewahre. Doch alles hat einmal ein Ende, so auch diese extrem kleingedruckte Ausgabe unserer Verfassung, die für mich als Staatsbürger mit Lesebrille nicht nur zeitlich, sondern auch drucktechnisch überholt war und ihren Dienst mehr als getan hat.
Natürlich habe ich als treuer Staatsbürger noch die einen oder andere aktuellere und größer gedruckte Grundgesetzausgabe im Bücherregal.
Denn Demokratie braucht einen klaren Durchblick auf der Höhe der Zeit und verträgt kein Kleingedrucktes. Es geht schließlich um einen Gesellschaftsvertrag. Doch gerade deshalb wollen Grundgesetzartikel, wie zum Beispiel der erste: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt“ nicht nur gedruckt und nachgelesen, sondern gelebt werden. Nur so werden sie Wirklichkeit und kein Altpapier.
Dieser Text erschien am 24. März 2014 in der Neuen Ruhr Zeitung
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