Wenn Jugendliche in ihrer Schule ausgezeichnet werden, dann meistens für gute Leistungen im Sport oder in Deutsch, Englisch und Mathe. Ganz anders in der Hauptschule am Hexbachtal. Hier wurden gestern feierlich die „sozial genialen“ Neuntklässler Burak Samli, Mariam Chahrour, Ivana Fleming, Leandra Eichholz, Dilara Mollahasan, Julia Hartmann, Vivian Debosz, Eginc Kaya und Rhea Lürmann unter anderem mit einem Zertifikat belohnt, das ihnen bescheinigt ein ganzes Jahr ehrenamtlich gearbeitet zu haben.
Immer wieder dienstags oder mittwochnachmittags gingen sie in Seniorenheime, Ganztagsschulen oder in den Seniorenclub Dümpten, um mit und für junge oder alte Menschen zu arbeiten. Da wurde gespielt, Hausaufgaben gemacht, miteinander gesprochen, vorgelesen, eine Bücherei inventarisiert, Essen gereicht, kleine Ausflüge unternommen oder, wo nötig, ein Rollstuhl geschoben. „Einige Schüler tun sich schwer, ein Referat zu halten und jetzt hält hier jeder von ihnen eine Rede“, staunt Lehrerin Sabine Schröer, die den Wahlpflichtkurs Service Learning leitet.
Die Schüler schildern vor der versammelten Schulgemeinde die wichtigsten Eindrücke ihrer sozialen Arbeit. Die Erfahrung, dass sie für ihren Einsatz Anerkennung und Wertschätzung bekommen haben, zieht sich wie ein roter Faden durch alle Beiträge.
„Mich hat dort besonders beeindruckt, dass die Kinder mich dort akzeptiert haben, obwohl ich von der Hauptschule bin und sie auf ein Gymnasium gehen“, erzählt Dilara von ihrer Mitarbeit bei der Nachmittagsbetreuung an der Luisenschule. „Mich hat beeindruckt, dass sie sich in ihrem Alter für Jugendliche interessiert hat und auch sehr schlau war“, erinnert sich Burak an ein Gespräch mit einer Bewohnerin des Wohnstiftes Uhlenhorst. Ebenso, wie sein Mitschüler Eginc, der im Altenheim Marienhof arbeitet, hat Burak zum ersten Mal Kontakt mit demenzkranken Menschen bekommen. „Ungewöhnlich war für mich, dass ich einen Demenzkranken füttern musste, weil er nicht selber essen und sich auch nicht kontrollieren konnte“, berichtet Eginc. Das hat ihn gelehrt, diese Krankheit zu tolerieren und mit ihr unzugehen. Keinen Zweifel lässt der Neuntklässler auch an seinem großen Respekt für die Altenpfleger, die jeden Tag um demenzkranke Bewohner kümmern. Und er räumt ein, „dass das anstrengender ist, als ich gedacht habe.“
Für Julia Hartmann, die am anderen Ende des Altersspektrums in der Regenbogengruppe der Evangelischen Grundschule an der Zastrowstraße mit den Kindern Gesellschaftsspiele und Hausaufgaben gemacht hat, steht nach ihren positiven und ebenfalls von großer Anerkennung geprägten Erfahrung fest: „Später möchte ich Kinderpflegerin werden.“ Auch ihre Mitschülerin Mariam weiß nach ihrem sozialen Lern- und Arbeitsjahr an der Rembergschule für geistig- und körperlich behinderte Kinder, „dass ich später Krankenschwester oder Erzieherin werden möchte.“
Lehrerin Schröer und Projektleiterin Katharina Wehner vom Centrum für bürgerschaftliches Engagement freuen sich über solche und ähnliche Schüleraussagen, weil sie ihnen zeigen, „dass sie ihre Schüchternheit überwunden sowie Selbstbewusstsein und Ideen bekommen haben, welche Berufe für sie interessant sein könnten.“ Und für Christine Knippscher vom Sozialen Dienst des Wohnstiftes Uhlenhorst steht nach den jüngsten Erfahrungen fest, dass ein Wiedersehen mit Schülern von der Borbecker Straße auch im kommenden Schuljahr Freude machen würde, „weil sich die Bewohner auf die Kinder freuen, die eine frische Energie in ihren Alltag bringen.“
Das Service Learning ist als "Sozial genial"an der Hexbachtalschule ein versetzungsrelevantes Fach, das im Rahmen des Wahlpflichtunterrichtes benotet wird. Dabei reflektieren die Schüler ihre praktischen Erfahrungen auch im dazugehörigen Fachunterricht. Der Wahlpflichtunterrricht versteht sich als neigungs- und praxisorientierter Bestandteil des Lehrplans für die Klassen 7, 8 und 9. Anders, als Wahpflichtfächer, wie Technik, Wirtschaftslehre oder Rechtskunde, wird das Service Learning allerdings nur für die Schüler der Klasse 9 angeboten, weil man bei ihnen bereits eine gewisse Reife voraussetzen kann. Mehr Infos unter der Rufnummer: 9706818
Dieser Text erschien am 26. Juni 2013 in der Neuen Ruhr Zeitung
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Weihnachten im Krieg
Manchmal scheint es so, als lerne die Menschheit nichts aus ihrer Geschichte. Auch dieses Jahr ist Weihnachten ein Fest des Friedens, mitt...
-
Jan Sensky vor seinem Dienswagen Wenn Sie ein altes Möbel- oder Kleidungstück oder auch Geschirr zu Hause stehen haben, die noch gut zu ...
-
Der 30. und 31. Januar ist in meinem Kalender rot angestrichen", erzählt Familienforscherin Bärbel Essers. Dass das so ist, hat mit der...
-
„Wem Gott will rechte Gunst erweisen, den schickt er in die weite Welt.” Auch dieses Volkslied dürfte die Schildberger Sing- und Spielschar ...
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen