Es gibt Menschen, die uns mit ihrem Engagement Mut machen. Zu diesen Menschen gehören die vier jungen Preisträger, die die Bürgerstiftung ausgezeichnet hat. Einer von ihnen ist Russlan Vibly.
„Es hat klick gemacht und ich habe einfach losgelegt“, schildert Russlan Vibly den Moment, als er einer Freundin spontan zur Hilfe kam und damit Schlimmeres verhütete. Es war in den Sommerferien 2012. Vibly und einige Freunde machten sich einen schönen Tag am Ruhrstrand und grillten. Doch plötzlich fing das 15-jährige Mädchen Feuer, weil Spiritus in die Grillflamme geraten war und eine Verpuffung ausgelöst hatte.
Russlan sah die gleichaltrige Freundin in Flammen und handelte sofort. Mit einer Decke erstickte er das Feuer und zerrte das vom Schmerz traumatisierte Mädchen in die Ruhr, um ihre Wunden im Wasser zu kühlen. Wenige Minuten später traf der Rettungswagen ein.
„Wenn du das, was du getan hast, nicht getan hättest, hätte sie vielleicht lebenslange Folgen davongetragen“, sagte ihm später ein Arzt, als er sie im Krankenhaus besuchte. Es blieb nicht bei einem Besuch. Denn das beim Grillunfall am Ruhrufer verletzte Mädchen musste über viele Wochen im Krankenhaus seine Verbrennungen auskurieren.
Dass diese Verbrennungen keine dauerhaften Folgen hinterlassen oder das Mädchen sogar entstellt haben, hat sie dem beherzten und mutigen Eingreifen ihres Freundes zu verdanken.
„So besonders ist das nicht“, kommentiert Russlan sein Handeln. Dass es Menschen gibt, die in einer vergleichbaren Situation, etwa nach einem Verkehrsunfall, nicht spontan helfen, sondern in eine Schockstarre verfallen oder gar wegschauen, kann er weder erklären noch verstehen.
Umso erstaunter war der 15-Jährige, der mit seiner Familie in Saarn lebt und dort die Gesamtschule besucht, als er davon erfuhr, dass ihn die Mutter des Mädchens für den Preis der Bürgerstiftung vorgeschlagen hatte, der in der Kategorie Zivilcourage von der Grillo-Stiftung mit 3000 Euro dotiert wird.
„Ich stehe nicht so gerne vor so vielen Menschen“, erinnert sich Russlan an die Preisverleihung im Haus der Wirtschaft. Doch über die Auszeichnung und das damit verbundene Geld hat er sich dann doch gefreut. Denn so konnte er sich ein neues Handy leisten, nachdem das alte kaputtgegangen war. Und außerdem braucht er Geld für seinen Führerschein, den er demnächst in Angriff nehmen will.
Außerdem hat er nach einem erfolgreichen Praktikum als Fliesenleger auch schon seinen Traumberuf fest im Blick. Den möchte er gerne nach seiner Fachoberschulreife an der Gesamtschule Saarn erlernen. „Ich wünsche mir einen Beruf, in dem ich etwas mit meinen Händen tun kann und nicht den ganzen Tag im Büro sitzen muss“, betont Russlan. Dass er handwerkliches Geschick besitzt, hat er schon bewiesen, als er zusammen mit seinem Vater Fahrräder repariert oder Regale für sein Zimmer gebaut hat.
Und wenn es mit der Handwerkslehre nicht klappen sollte, könnte sich Russlan auch vorstellen, zur Bundeswehr zu gehen. Auch das wäre eine Entscheidung, die viel Mut voraussetzen würde. Doch den hat der in der Ukraine geborene Russlan schon als kleiner Junge bewiesen, als er 2003 mit seiner Familie nach Deutschland kam. Hier musste er sich von heute auf morgen in einem fremden Land mit einer fremden Sprache integrieren, in dem er immer wieder auf Menschen zuging und fragte, wenn er etwas nicht verstand. Damals konnte er nur „Hallo“ und „Danke“ sagen. Heute spricht er fließend Deutsch.
Ohne eine gesunde Portion Mut, die er nach seiner eigenen Einschätzung durch die Erziehung seiner Eltern mit auf den Lebensweg bekommen hat, hätte er dieses Ziel nicht erreichen können. „Mut“, sagt Russlan, „heißt, vor Problemen nicht wegzulaufen, sondern auf sie zuzugehen und Menschen auch dann zu helfen, wenn man vielleicht selber Probleme hat.“
Dieser Text erschien am 28. März 2013 in der Neuen Ruhr Zeitung
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