Montag, 1. Juli 2013

Haben Förderschulen in Zeiten der Inklusion, also des Gemeinsamen Unterrichtes an Regelschulen, noch eine Zukunft? Oder sind sie ein Auslaufmodell? Eine Umfrage unter Mülheimer Bildungspolitikern

Sind Förderschulen ineffizient? Ein Bericht des Landesrechnungshofes legt das nahe. Er weist darauf hin, dass der Anteil der Schüler mit Förderbedarf in den letzten zehn Jahren gestiegen sei, obwohl die Schülerzahl insgesamt sinke. Gleichzeitig schafften nur wenige Schüler den Wechsel von der Förder- zur Regelschule. Mit Blick auf das Schuländerungsgesetz, das in NRW mit der Inklusion den gemeinsamen Unterricht von Schülern mit und ohne Handicap zum Regelfall machen will, mahnt der Rechnungshof eine Optimierung bei der Feststellung des sonderpädagogischen Förder- und Lehrerbedarfes an, um die Mehrkosten für Förderschullehrer, die künftig an Regelschulen eingesetzt werden sollen, innerhalb des Fördersystems aufzufangen.


Ob Mülheims Förderschulen effektiv arbeiten oder nicht, kann und will Matthias Kocks nicht beurteilen. Der bildungspolitische Sprecher der SPD, der auch stellvertretender Leiter der Willy-Brandt-Schule ist, stellt aber in seiner pädagogischen Praxis fest, dass nur sehr selten Schüler von der Förder- zur Regelschule wechseln. Gleichzeitig kennt er aber Fälle von Schülern, die mit einem Förderbedarf an die Regelschule gefördert worden und nach zweijähriger Förderung zu Regelschülern geworden sind.

Mit Blick auf den Gemeinsamen Unterricht, an dem schon heute 29,4 Prozent aller Schüler mit Förderbedarf teilnehmen und der mit der Inklusion zum Normalfall werden soll, steht für Kocks fest: „Die Parallelwelt der Förderschulen wird immer mehr auslaufen, weil der Stempel Förderschule Schüler stigmatisiert und die Aufstiegschancen von Förderschüler marginal sind.“

Allerdings ist sich Kocks mit den Bildungspolitikern Heiko Hendricks (CDU) und Meike Ostermann (FDP) einig, dass es auch im Inklusionszeitalter Schüler geben wird, die zum Beispiel aufgrund einer schweren geistigen Behinderung, einer Mehrfachbehinderung oder gravierender sozialer und emotionaler Probleme auf eine Förderschule angewiesen sein werden. Hendricks, der den Förderschulen gute Arbeit bescheinigt und Ostermann haben allerdings Probleme damit, wie der Rechnungshof die klassischen Maßstäbe wirtschaftlicher und finanzieller Effizienz bei Fragen der sonderpädagogischen Förderung anzulegen.

Auch Kocks meint: „Deutschland muss sich ein teueres Schulsystem leisten können, in dem wir, wie in unserer Gesellschaft insgesamt, alle Menschen mit ihren unterschiedlichen Stärken und Schwächen annehmen und fördern müssen.“

Dieser Text erschien am 29. Mai 2013 in der Neuen Ruhr Zeitung



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