Montag, 22. Juli 2013

Auch wenn es am Ende nicht dazu kam, wollte die Stadt Rudolf Steuer nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges auch materiell für seinen Einsatz zum Erhalt der Schloßbrücke danken

Vor wenigen Wochen hat die Bezirksvertretung 1 den Bürgerantrag von Jochen Hartmann abgelehnt, den Retter der alten Schloßbrücke, Rudolf Steuer, mit einer Plakette an ihrer 1960 errichteten Nachfolgerin zu ehren. Die Begründung, basierend auf einem Vortrag von Stadtarchivar Dr. Kai Rawe: Steuer sei ein reiner Befehlsempfänger gewesen. Von einer Bezirksvertreterin wurde Steuer gar ohne weitere Angaben als Nazi herabgewürdigt. Obwohl Steuer tatsächlich, was die Bezirksvertreterin nicht wissen konnte, Mitglied der NSDAP war, gibt es ernsthafte Zweifel an der abwertenden chen Darstellung Dokumente belegen nun, dass der ehemalige Unteroffizier unmittelbar nach dem Krieg in einem ganz anderen Licht gesehen wurde.


1947 wollte die Stadt Mülheim Steuer mit Zinszahlungen für ein Darlehn über 3000 Mark beim Wiederaufbau seines kriegszerstörten Hauses in Merzig helfen, um sich damit für seinen Einsatz zu bedanken, der verhinderte, dass die Schloßbrücke als letzte intakte Ruhrbrücke und mit ihr die dort installierte Versorgungsleitungen in den letzten Kriegswochen zwischen dem 27. März und dem 11. April 1945 gesprengt wurde. Das bestätigte der Enkel von Rudolf Steuer, Frank Kiefer, der NRZ. Er verweist in diesem Zusammenhang auf einen Briefwechsel zwischen seinem Großvater und der Stadt Mülheim im Jahre 1947.

Danach war die Stadt bereit, für Steuer 6,5 der insgesamt 8,5 Prozent Darlehnszinsen zu übernehmen. Das von der Sparkasse Mülheim gewährte Darlehn sollte als Grundschuld auf Steuers Elternhaus in Andernach eingetragen werden. Da sich die notwendige Unterschrift seiner Eltern aber verzögerte und der damals 44-jährige Bauingenieur Steuer im April 1947 als Technischer Leiter bei den Stadtwerken in Merzig angestellt wurde, hat er offensichtlich auf das von der Stadt Mülheim mitfinanzierte Darlehn am Ende verzichtet.

Kiefer hat in den Unterlagen seines Großvaters auch den Brief einer Mülheimer Familie vom 22. März 1947 gefunden, in dem er als „Retter der Schloßbrücke“ bezeichnet wird. Steuer werde, so hieß es weiter, „sofort ein Quartier finden“, wenn er nach Mülheim käme.

Außerdem hat Kiefer im Aktenordner seines Großvaters die Niederschrift eines Treffens mit dem Mülheimer Oberbaurat Hugo Braun gefunden. In dieser auf den 14. Dezember 1946 datierten Niederschrift stellt Steuer die Ereignisse rund um die von ihm verzögerte und so am Ende verhinderte Sprengung der Schloßbrücke so dar, wie sie in späteren Quellen und auch im jüngsten NRZ-Bericht zum Fall Steuer nachgezeichnet worden sind.

Danach hat Steuer als Kommandant des zuständigen Sprengtrupps des Pionierbatallions 613 die Ausführung des am 27. März 1945 vom Oberleutnant Koch von der 183. Volksgrenadierdivision gegebenen Sprengbefehls verweigert und sich diesen mit dem Hinweis auf den zuständigen Kampfkommandanten Oberstleutnant Krause schriftlich geben lassen. Gleichzeitig befahl er einem an der Schloßbrücke diensthabenden Gefreiten, die Brücke auf keinen Fall zu sprengen. Dieses Vorgehen führte dazu, dass der Sprengbefehl fünfeinhalb Stunden nach seiner schriftlichen Erteilung als militärisch nicht notwendig ausgesetzt wurde, um stattdessen Panzersperren aufzustellen.

Steuer bestätigt Braun bei dem Treffen im Dezember 1946 auch, dass er am Nachmittag des 10. April 1945 in heftiger Weise von einem Oberst Witte auf den nicht ausgeführten Sprengbefehl angesprochen worden sei: „Sie sind also der Unteroffizier, welcher die Brücke nicht sprengt. Und so etwas trägt Tresen. Er wendete sich von mir ab mit den Worten: Ich werde Sie dem Kriegsgericht zur Meldung bringen.“

Der auch schon gegen Kriegsende amtierende Oberbaurat Braun hatte im Rückblick auf Steuers Einsatz an der Schloßbrücke schon am 10. April 1946 in einem Mülheimer Pressebericht, der die Ereignisse der letzten Kriegstage beschrieb  gesagt: „Dem Mann sollte man heute noch 100.000 Mark schenken, die hat er verdient.“

Dieser Text erschien am 22. Juli 2013 in der Neuen Ruhr Zeitung

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