Der Rosenmontagszug beginnt für die Wagenbesatzung der KG Blau Weiß mit einem zünftigen Frühstück, zu dem der Musikzug der Gesellschaft in den Altenhof lädt. Auch Ministerpräsidentin Hannelore Kraft ist als Rittersfrau mit von der närrischen Partie. Wer bei zwei Grad Außentemperatur Kamelle unter die Jecken bringen will, muss sich erst mal aufwärmen und stärken.
Der von Udo Bohnenkamp und Dieter Kolkmann in einigen 100?Arbeitsstunden gebaute Gesellschaftswagen der Blau Weißen sieht wie ein Schiff aus und schwankt auch entsprechend, so bald der Trecker, der ihn zieht, anfährt. Da ist es gar nicht so einfach zwischen den vielen Kartons, in denen nicht nur Kamelle auf ihren Rauswurf warten, beim Aufreißen und Werfen im Gleichgewicht zu bleiben.
Da kann es nicht schaden, sich schon mal mit Musik auf den Rhythmus, bei dem man mit muss, einzustellen und so in den richtigen Schwung zu bringen. „Wer soll das bezahlen? Wer hat das bestellt? Wer hat so viel Geld?“ klingt ein alter Karnevalsschlager aus den vier Boxen eines Autoradios, das die Wagenbauer installiert haben.
Geld ist das richtige Stichwort. Blau-Weiß-Präsident Thomas Straßmann und Ex-Prinz Hans A. Wunder von der Broicher Interessengemeinschaft BIG schätzen, dass die Karnevalsgesellschaft und die Werbegemeinschaft jeweils über 1000 Euro in das Wurfgut investiert haben, das nun in etwa zwei Stunden unter die kleinen und großen Jecken gebracht wird.
Die Auswahl ist groß und die Kartons, die den Werfern zunächst nur wenig Standfläche lassen, prall gefüllt. Doch das ändert sich minütlich. Nicht nur Kamelle und Bälle, sondern auch Stofftiere, Kugelschreiber, T-Shirts, Frisbeescheiben, Traubenzucker, Gummibärchen und kleine Chipstüten werden geworfen, was das Zeug hält.
„Wir müssen heute schon hochwertigere Sachen werfen. Kamelle allein reichen nicht mehr. Sonst bekommen wir von den Leuten eine schlechte Resonanz“, berichtet Straßmann. Tatsächlich hört man bei Karnevalisten immer wieder von Kamellen, die zurückgeworfen werden. An diesem Rosenmontag fliegt aber nur die Banane eines übermütigen Jecken über die Bordwand des blau-weißen Narrenschiffes.
Doch die positive Resonanz ist die Regel. Man sieht es, wenn man in die lachenden Gesichter der insgesamt elf blau-weißen Rosenmontagsfahrer blickt. „Das ist einfach ein tolles Gefühl, wenn man beim Werfen in die erwartungsvollen Kinderaugen schauen kann“, findet nicht nur der CDU-Bezirksvertreter und blau-weiße Ehrensenator Roland Chrobok. Die Antwort auf die Frage, was man als Kommunalpolitiker im Karneval lernen kann, fällt ihm im tausendfachen Helau der Rosenmontagszugfahrt nicht schwer: „Sich einfach nicht immer so ernst zu nehmen,“ lautet seine närrische Lektion.
Sehr ernst nehmen allerdings gerade die kleinen Jecken am Straßenrand das Auffangen von Kamelle, Chips und Co. Manche sieht man gleich mehrfach an verschiedenen Stellen des Zuges wieder. Dabei macht es der oft recht scharfe Gegenwind manchmal äußert schwer, mit seinem Wurf das anvisierte Ziel zu erreichen und jene kleinen oder großen Jecken glücklich zu machen. Am besten lassen sich noch die großen Bälle werfen.
Gott sei Dank haben die Blau Weißen reichlich eingepackt, so dass auch noch gegen Ende des Zuges an der Ruhrstraße nach Herzenslust geworfen werden kann. Ehe die gelehrten Kartons auf der Schloßbrücke vom Narrenschiff in die riesigen Müllcontainer der MEG fliegen.
Dieser Beitrag erschien am 12. Februar 2012 in NRZ & WAZ
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