Zu Kaisers Zeiten war diese Straße, die früher unter anderem Holthauser Kirchpfad, geheißen hatte, die Paradestrecke des Infanterieregiments 159. Dieses Regiment wurde 1899 vom damaligen Oberbürgermeister Karl von Bock, zum großen Gefallen seiner Mitbürger, nach Mülheim geholt. Garnisonsstadt zu sein, war im Kaiserreich ein Prestigeerfolg und ein Programm zur Ankurbelung der lokalen Wirtschaft. An der Kaiserstraße befand sich damals die Kaserne der 159er. Einige alte Häuser aus dem frühen 20. Jahrhundert, die an der oberen Kaiserstraße die 160 Luftangriffe des Zweiten Weltkrieges überstanden haben, zeugen mit ihrer architektonischen Eleganz der ehemaligen Offiziershäuser noch heute von dieser Zeit. 1918 ging der letzte Kaiser Wilhelm II. Und seine geschlagenen Soldaten kehrten am 13. Dezember 1918 in ihre alte Kaserne an der Kaiserstraße. Ihr Kommandeur, Major Siegfried Schulz, sammelte einige von ihnen in einem rechtsextremen Freikorps um sich, das 1920 eine unrühmliche Rolle bei der blutigen Niederschlagung des Ruhrkampfes gegen den Kapp-Putsch spielen sollte. 1930 errichtete die Evangelische Kirche an der unteren Kaiserstraße, ihr Haus, den Altenhof, in dem heute die Verwaltung des evangelischen Kirchenkreises Am der Ruhr ihre Arbeit tut und die Evangelische Ladenkirche täglich ihre Türen öffnet. Bis zur Wiedereröffnung der wieder aufgebauten Stadthalle (1957) war der Altenhof der größte Veranstaltungssaal der Stadt, in dem nicht nur Kulturveranstaltungen, sondern auch katholische und evangelische Sonntagsgottesdienste stattfanden, weil die Petri- und die Marienkirche nach dem Krieg erst noch bis 1958 wieder aufgebaut werden mussten.
Hier ist ein Ort des Gesprächs, des Nachdenkens und der Anschauung. Hier finden regelmäßig kirchliche Sprechstunden, Vorträge und Ausstellungen statt. Gleich gegenüber haben wir den Kaiserplatz, an dem bis ins 19. Jahrhundert hinein noch die Altenhofmühle an ihrem Mühlteich klapperte. Während der NS-Zeit wurde aus dem Kaiserplatz der Platz der SA.
Mit Blick auf die Nachkriegszeit wissen alte Mülheimer unter anderem vom beliebten Eiscafe Ringel zu berichten, dass sich an der Kaiserstraße befand oder von einer Straßenbahn, die 1947 die Anhöhe der Kaiserstraße, die in Richtung Holthausen führt, nicht bewältigen konnte deshalb rückwärts in Richtung Kaiserplatz-Kreuzung rollte. Die Folgen waren fatal. Es gab Tote und Verletzte.
Amüsant und angenehm ist dagegen die Erinnerung an einen Juni-Tag 1960, als der in Mülheim gastierende Zirkus Sarasani mit einem Elefanten, der gemütlich und unübersehbar die Kaiserstraße hinunter trottete, für seine Vorstellungen warb. Die ehemaligen Kasernen an der Kaiserstraße, die in den 1960er Jahren einer modernen Wohn,- Büro- und Geschäftsbebauung weichen mussten, dienten in der Nachkriegszeit unter anderem als Wohnunterkunft für Bergarbeiter, die in den damals noch existierenden Mülheimer Zechen Wiesche und Rosenblumendelle den Lebensunterhalt für ihre Familien verdienten.
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