Mittwoch, 9. April 2014

Ist es wirklich schon so spät? Die Zeitumstellung wirkt auf unsere innere Uhr wie ein Jetlag


Wer Sonntagmorgen (30. März) aufwacht(e) und das Gefühl hat, es sei später, als gedacht, liegt genau richtig. Denn um 2 Uhr wird die Uhr um eine Stunde vorgestellt. Die mitteleuropäische Sommerzeit macht es nötig. Dabei werden bei 90 Prozent aller städtischen Uhren gar keine Zeiger vorgestellt, wie Stadtsprecher Volker Wiebels zu berichten weiß. „Denn bei ihnen handelt es sich um Funkuhren, die automatisch mit einem Funksignal aus der deutschen Funkuhrzentrale in Frankfurt am Main umgestellt werden. Das ist bei der Uhr am Rathausturm genauso, wie beim Funkwecker zu Hause.“ Eine der wenigen Uhren, die noch, wie zu Großvaters Zeiten, per Hand umgestellt werden, ist die der 1897 eröffneten Alten Post, in der seit 20 Jahren das städtische Kunstmuseum beheimatet ist.

Der volkswirtschaftliche Vorteil (Energieeinsparung) und mögliche gesundheitliche Auswirkungen der Zeitumstellung sind umstritten. Zuletzt hat der Vizepräsident des Bundesumweltamtes, Thomas Holzmann, und die Deutsche Angestellten Krankenkasse (DAK) darauf hingewiesen, dass die Zeitumstellung keine Nettoeinsparung bei den Energiekosten mit sich bringt, dafür aber den Wach-Schlaf-Rhythmus. Nach einer Langzeituntersuchung der DAK steigt die Zahl der Herzinfarkte in den Tagen nach der Zeitumstellung um bis zu 25 Prozent an.

Der an der Aktienstraße praktizierende Neurologe Jakob Milkereit bestätigt, dass vor allem Patienten, die in Folge einer Depressions- oder einer Burnout-Erkrankung unter Schlafstörungen leiden, mit der Zeitumstellung einer besonderen Belastungssituation ausgesetzt werden, die zu Stresssymptomen und erhöhtem Blutdruck führen könnten.

Bei gesunden Menschen sehen Milkereit und seine allgemeinmedizinischen Kollegen Peter Ramme und Uwe Brock zwar eine belastende Ausnahmesituation, die man mit einem Jetlag vergleichen könne. Nach Flugreisen in andere Zeitzonen führt der Jetlag zur Beeinträchtigung des Biorhythmus. Schlafstörungen, Gereiztheit, Konzentrationsschwäche, Appetitlosigkeit und Verdauungsprobleme können die Folge seien.

„Es kann durchaus ein- bis zwei Wochen dauern, bis sich unser Schlafrhythmus auf die neue Sommerzeit eingestellt hat“, betont Ramme. Während Milkereit die Zeitumstellung infrage stellt, sieht Ramme aus medizinischer Sicht weder Vor- noch Nachteile der Sommerzeit. Brock sieht dagegen einen gesundheitsfördernden Aspekt darin, dass es während der Sommerzeit abends länger hell bleibe. „So werden die Leute motiviert, abends rauszugehen und sich zu bewegen statt vor dem Fernsehen zu sitzen“, glaubt der Hausarzt und Internist.

Dieser Text erschien am 29. März 2014 in der Neuen Ruhr Zeitung

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