Donnerstag, 7. März 2013

Ein komisches Talent: oder: Maschinen sind manchmal auch nur Menschen: Ein Blick auf die neueste Premiere des Backsteintheaters

Das ist wohl die Horrorvorstellung für jeden Schauspieler, ersetzt zu werden durch einen Schauspielroboter. In solch eine „schöne neue Fernsehwelt“, in der die tägliche Krankenhausserie mit ihren 08/15-Dialogen von Robotern gespielt wird, lässt uns das Mülheimer Backsteintheater mit seiner 24. Premiere schauen.


Aber keine Angst. Hier spielen Gott sei Dank noch echte Schauspieler aus Fleisch und Blut, die mehr drauf haben als 08/15-Dialoge. „Ich mag Stücke, die nicht nur komisch sind, sondern auch eine gewisse Tiefe haben“, sagt Regisseur Michael Bohn. Das erklärt, warum sein Ensemble und er mit „Ein komisches Talent“ wieder ein Stück von Alan Ayckbourn inszenieren, der den Backsteintheaterfreunden noch von den „Schlafzimmergästen“ in unterhaltsamster Erinnerung sein dürfte.

Diesmal erzählen neun Schauspieler, die in 23 Rollen zu sehen sein werden, die Geschichte eines etwas verschrobenen TV-Autors Adam Trainsmith (dargestellt von Klaus Wehling), der sich in die eine Krankenschwester darstellende Roboterschauspielerin Jacie (dargestellt von Marie Zipp) verliebt, weil sie irgendwie anders und besonders ist. Denn sie lacht immer an den lustigsten Stellen. Sie hat Humor. Man ahnt es. Die beiden verlieben sich ineinander und brennen durch. Doch das führt zu einigen Verwicklungen. Denn Jacie hat auf ihrer Festplatte kein Programm für das richtige Leben, sondern nur Spielszenen aus dem Serienalltag gespeichert.

Das kann ja heiter werden. „Die Zuschauer erwartet ein sehr abwechslungsreiches Stück“, verspricht Regisseur Bohn.

Die technisch und räumlich erweiterten Möglichkeiten im neuen Probenquartier an der Schulstraße und die künstlerische Unterstützung durch die Kulissenmalerin Charlotte Leimbrock haben die Schauspieler des Backsteinensembles dazu motiviert, sich an ein etwas komplexeres Stück mit vielen Szenen- und Kostümwechseln heranzutrauen.

„Ich bin von der ersten Sekunde toll im Ensemble aufgenommen worden. Das hat super funktioniert. Und es macht mir einfach Freude, in der Gemeinschaft etwas zu erarbeiten, was sich dann auch sehen lassen kann“, sagt Backstein-Novizin Marie Zipp. Jenseits der Bühne studiert sie Erziehungswissenschaften und Germanistik, war aber auch schon im Nikolaus-Groß-Musical der katholischen Pfarrgemeinde St. Barbara zu sehen.

Ihr Bühnenpartner Klaus Wehling kam vor acht Jahren als Inspizient zum Backsteintheater, ehe er sich als Taxifahrer in „Mein Freund Harvey“ 2009 erstmals auf der Bühne traute und damit sein Schauspieltalent entdeckte. Was reizt ihn an der Figur des Autors Adam Trainsmith? „Er ist ein Mensch, der etwas kann, was eigentlich jeder anstreben sollte, nämlich über Äußerlichkeiten eines Menschen hinwegzusehen und sein eigentliches Wesen zu erkennen“, beschreibt Wehling dessen hervorragendsten Charakterzug. Das inspiriert den spätberufenen Schauspieler, der im richtigen Leben beim Umweltamt arbeitet.

Wenn man Zipp und Wehling fragt, was sie auf die Bühne zieht, sind sich die beiden einig: „Auf der Bühne kann man in Rollen schlüpfen und Emotionen ausleben, die man sich im richtigen Leben vielleicht nicht erlauben würde.“

Premiere ist am 9., 10. und 16. März um 19 Uhr im Kasino des Evangelischen Krankenhauses. Eintritt: frei. Karten gibt es unter 0208/3092067 oder im Restaurant Schatulle am Muhrenkamp in der Altstadt Internetinfos unter www.evkmh.de

Dieser Beitrag erschien am 26. Februar 2013 in der NEUEN RUHR ZEITUNG und in der WESTDEUTSCHEN ALLGEMEINEN

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