Wer war Max Kölges? Und warum eignet er sich als Namensgeber für eine praxis- und berufsorientierte Schule? 1899 kam der 1880 im Kreis Kempen geborene Friseurmeister Max Kölges nach Mülheim, um sich hier selbstständig zu machen. Bereits 1904 wählten ihn seine Handwerkskollegen zum Vorsitzenden des Innungsausschusses und 1905 zum Obermeister der örtlichen Friseurinnung. An deren Spitze sollte er bis 1931 stehen. Während der Weimarer Republik gehörte der Handwerksmeister als Mitglied der Zentrumspartei dem Stadtrat und dem Preußischen Landtag an. Nach dem Zweiten Weltkrieg gehörte Kölges als Kreishandwerksmeister zu den Mitgründern der Kreishandwerkskammer und der Mülheimer Christdemokraten. Für sie zog er auch wieder in den Stadtrat ein, wo er bis 1952 die CDU-Fraktion führte. Vor allem in den ersten Nachkriegsjahren, als Hunger und akute Wohnungsnot den Alltag Mülheims bestimmten, machte sich Kölges als tatkräftiger und pragmatischer Kommunalpolitiker einen Namen. Nach der zweiten Kommunalwahl war er in den Jahren 1948 bis 1952 als Bürgermeister Stellvertreter des sozialdemokratischen Oberbürgermeisters Heinrich Thöne. 1962 wurde Kölges, nachdem auch eine Straße benannt ist, für seine Verdienste zum Ehrenbürger ernannt. Er starb 1973.
Ist es Ironie der Geschichte oder ein kluger Schachzug? Ausgerechnet die Hauptschule an der Bruchstraße, die nach dem Willen der Christdemokraten im Rahmen der Bildungsentwicklungsplanung geschlossen werden sollte, wird künftig den Namen des Christdemokraten, Max Kölges, tragen. Ein Widerspruch? Nein! Wer sein Lebensbild betrachtet, sieht, dass es keinen besseren Namensgeber für eine Hauptschule gibt, die zur Handwerkerschule werden will und schon heute mit berufsorientiertem Lernen junge Menschen auf einen guten Lebensweg bringt, die manche Hürden zu überwinden haben.
Dass der Mensch nicht erst beim Abiturienten und das Leben nicht erst nach einem Hochschulabschluss beginnt, hat der kommunal,- sozial- und verbandspolitisch tätige Friseurmeister Max Kölges mit seinem Leben bewiesen. Er war Volksschüler und Sohn einer alleinerziehenden Mutter, dessen Vater früh gestorben war. In der Klassengesellschaft des Kaiserreiches nutzte er die Chancen, die er nicht hatte.
Kölges ging mit Mut ans Werk, machte seinen Meister und sich selbstständig. Doch er hatte nicht nur sein Geschäft, sondern auch die Gesellschaft im Blick, engagierte sich in der Politik und im Handwerk, machte mit seinem Einsatz für berufsständische Krankenkassen und Einkaufsgenossenschaften das Leben seiner Kollegen leichter.
Auch als er in seinen besten Jahren erleben musste, wie die Nazis seine bürgerliche und berufliche Existenz zerstörten, ließ sich der neunfache Familienvater nicht unterkriegen, denn er hatte Lebensmut und Gottvertrauen. Er überlebte Diktatur und Krieg als Grundstücksmakler, ehe er nach 1945 in seinen alten Beruf und sein politisches Engagement unter neuen Vorzeichen zurückkehren konnte.
Menschen, wie Kölges, die auch im Angesicht größter Not nicht am Leben verzweifeln, sondern immer wieder aufstehen und anpacken, können auch heute als ermutigendes Vorbild und Lehrbeispiel dienen – nicht nur in der Schule.
Dieser Beitrag erschien am 25./26. September 2012 in der NRZ
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