Als ich jetzt für diese Zeitung eine Reportage-Reise mit den Mülheimer Bussen und Bahnen machte, um mitzuerleben, wie Damen und Herrn der Ruhrbahn die Fahrgäste nicht nur nach ihren Fahrkarten, sondern auch nach ihren Impfzertifikat fragten, kam mir der Gedanke, dass es schade ist, dass es seit gut 50 Jahren unserem öffentlichen Personennahverkehr keine Schaffnerinnen und Schaffner mehr verkehren. Jene dienstbaren Mitfahrer, die nicht die Straße, sondern die Fahrgäste im Blick hatten, konnten diese nicht nur vor dem Sündenfall des Schwarzfahrens bewahren, sondern sie auch jenseits des Beförderungstarifs in der Spur halten konnten. Ich glaube: Bei der Ruhrbahn gibt es Leute, die meine Wehmut teilen. Denn in der Warteschleife der Ruhrbahn-Telefonzentrale kann man ein Lied hören, in dem eine „liebe kleine Schaffnerin“ und ihr Fahrgast miteinander turteln. Wer weiß, wie viele Männer und Frauen, als Schaffner(in) oder Fahrgast, im gemeinsamen öffentlichen Nahverkehr auf einen gemeinsamen Lebensweg gekommen sind. Kein Wunder: Denn im zwischenmenschlichen Verkehr der Geschlechter und auf der gesamten Lebensreise kommt es auf dieselben Tugenden an: Vorsicht, vor den Trittbrett- und Geisterfahrern, nicht aus dem Takt kommen und sein Ziel im Auge behalten, damit am Ende den Anschluss hält und an sein Ziel kommt, statt in eine Sackgasse oder auf einen Holzweg zu landen.
NRZ, 26.11.2021
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