Donnerstag, 6. August 2020

Wirklich wünschenswert

Wenn wir eines aus dieser Krise lernen können, dann, dass wir besser aufeinander aufpassen müssen“, sagte mir gestern in einem Telefongespräch die stellvertretende Geschäftsführerin des Diakonischen Werkes, Birgit Hirsch-Palepu. „Ein frommer Wunsch“, dachte ich bei mir. Aber als ich dann kurz darauf in der Stadt meine Einkäufe erledigte, konnte ich in einer Bäckerei erleben, wie die Verkäuferin, die das Herz offensichtlich auf dem rechten Fleck hat, einem offensichtlich hilfsbedürftigen Mitmenschen, der sich ihr mit dem Satz: „Ich habe Hunger!“ vorstellte, ein Brötchen schenkte. „Das ist nett“, dachte ich. „Das ist wirklich sehr nett“, sagte ich nur wenig später zurecht, als mir die Inhaberin eines Mülheimer Stadtcafés zwei Stücke Kuchen über die Theke anreichte, aber nur eines davon berechnete. „Das Zweite nehmen Sie heute mal gratis für Ihre Mutter mit“, begründete sie ihre großzügige Überraschung zur besten Kaffeeklatschzeit. So auf den Geschmack gekommen, gönnte ich wenige Meter weiter dem Straßenmusiker einen Groschen, der mich mit seinem Akkordeon daran erinnerte: „Veronika, der Lenz ist da!“ Das war ein echter Wohlklang wie aus alten Zeiten in einer Jahreszeit voller Missklänge. Solche Zwischentöne der Menschlichkeit und der Lebensfreude zu hören, tut gerade jetzt gut und lässt einen daran glauben, dass manchmal auch fromme Wünsche in Erfüllung gehen können, wenn wir sie einfach mal wahr machen.


 Dieser Text erschien am 25. März 2020 in der NRZ

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