Mittwoch, 26. August 2020

Damit das Kind nicht in den Brunnen fällt

 42 Anrufe haben das Sorgen-Telefon der Arbeiterwohlfahrt, das sogenannte Elephone, seit seinem Neustart Mitte März unter der kostenfreien Rufnummer 0 800 666 777 6 erreicht. Kinder und Jugendliche haben die kostenfreie Beratung und Hilfe Hotline der AWO ebenso angerufen wie Erwachsene, die sich Sorgen um Kinder und Jugendliche in ihrem Umfeld machen. Das Spektrum der Telefongespräche, die derzeit von 4 hauptamtlichen und neun ehrenamtlichen, aber auch qualifizierten  Mitarbeitern der Awo geführt werden, reicht von Stress mit den Eltern oder mit Klassenkameraden über Mobbing und Beziehungsprobleme bis hin zum sexuellen Missbrauch.

„Wir wollen Kinder und Jugendliche durch unsere Beratungsarbeit stark machen , damit sie verinnerlichen, dass sie in einem übergriffigen Moment, der sie in Bedrängnis bringt, Nein sagen können, Nein sagen dürfen und Nein sagen müssen, um ihre Grenzen aufzuzeigen,“ sagt die Diplom-Pädagogin und Awo-Beraterin Kirsten Schumacher.

Die Awo-Vorstandsvorsitzende Elke Domann-Jurkiewicz lässt keinen Zweifel daran, dass das Sorgen-Telefon der Arbeiterwohlfahrt, das sich eben auch, aber nicht nur um sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche kümmert, nur deshalb wiederbelebt werden konnte, weil sich ein zurzeit 80-köpfiger Patenkreis um den ehemaligen Chef-Karnevalisten Heiner Jansen und die von Thomas Weise geführte Polizei-Stiftung David und Goliath für diese Unterstützungsarbeit zugunsten von Kindern und Jugendlichen finanziell engagieren. Die bisher 80 Paten, die Heiner Jansen für das Elephone gewonnen hat, zahlen jährlich 200 €. Hinzu kommen 35.000 €, die die Stiftung David und Goliath bereitgestellt hat. Stiftungspräsident Thomas Weise und Polizeipräsident Frank Richter unterstreichen, „dass wir als Polizei sehr dankbar für diese partnerschaftliche und qualifizierte Zusammenarbeit sind, die uns dabei hilft, Verbrechen an Kindern und Jugendlichen zu verhindern, die ihre Seelen für immer prägen und beeinträchtigen würden.“

„Deshalb wollen wir wollen uns nicht nur einmalig, sondern langfristig für die Unterstützung des Elephones engagieren“, betont Thomas Weise .

Im jetzt begonnen Schuljahr wollen Kirsten Schumacher und ihre hauptamtlichen Kollegen der an der Heinrich Melzer Straße 17 ansässigen Awo-Beratungsstelle für Schwangerschaftskonflikte, Partnerschaft und Sexualität auch wieder in Mülheimer Schulen gehen. Dort wollen sie mit Kindern und Jugendlichen aus den vierten und siebten Klassen nicht nur darüber reden, was sie tun können und was zu tun ist, wenn sie von Erwachsenen aus ihrem sozialen Umfeld zum Beispiel sexuell bedrängt werden.

 

„Wir werden als Tandems in die Schulen gehen. Dabei ist es uns wichtig, nicht nur die Kinder und Jugendlichen mit unserer qualifizierten und zum Teil auch als Rollenspiel daherkommenden Aufklärungsarbeit zu erreichen. Mindestens genauso wichtig ist die Information und Aufklärung, die wir zum Beispiel im Rahmen von Elternabenden rund um das Thema sexueller Missbrauch von Kindern und Jugendlichen und wie man ihn erkennen oder verhindern kann, leisten. Als erste Schule hat sich bereits die Gustav-Heinemann-Schule für einen Besuch des Abo Aufklärungs-Tandems angemeldet. Weitere Schulen haben ihr Interesse signalisiert. Das Geld der Elephone-Unterstützer fließt nicht nur in Personalkosten, sondern auch in Werbekosten. So soll eine großangelegte Plakataktion das Präventionsprojekt Elephone zum Schutz vor sexueller Gewalt stadtweit bekannter machen. Wer das rund um die Uhr erreichbare Elephone der Arbeiterwohlfahrt finanziell oder durch seine ehrenamtliche Mitarbeit unterstützen möchte, erreicht Kirsten Schumacher unter der Rufnummer: 0208 45 003 225 oder per Email an: k.schumacher@awo-mh.de.

Hintergrund

Die polizeiliche Kriminalstatistik weist für 2019 für Deutschland mehr als 4000 Kindesmisshandlungen und rund 16.000 Fälle von sexuellem Missbrauch von Kindern und Jugendlichen aus. Das waren 1300 Fälle mehr als im Jahr zuvor. Hinzu kommen 12.200 Delikte aus dem Bereich der Kinderpornographie. Hier wurde ein Anstieg um 65% verzeichnet . Bei etwa einem Fünftel der Straftäter handelt es sich um Jugendliche.

Um sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen vorzubeugen, rät die Polizei NRW Erwachsenen und Eltern:

Unterstützen Sie Ihre Kinder dabei, selbstbestimmt mit ihrem Körper und ihren Gefühlen umzugehen und auf ihre eigenen Grenzen zu achten.

Sprechen Sie offen und altersgerecht mit ihren Kindern über Sexualität .

Machen Sie ihren Kindern klar, dass man über schlechte Geheimnisse reden kann und das das kein Petzen und kein Verrat ist.

Nutzen Sie für ihre Kinder die Angebote von Selbstsicherheitstrainings .

Machen sie ihren Kindern auch im Alltag deutlich, dass Sie sie in jeder Lebenslage unterstützen, damit sie im Ernstfall auch ihre Hilfe suchen.


Dieser Text erschien am 24. August im Lokalkompass der Mülheimer Woche 

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