Montag, 17. August 2020

Kulturschock im Supermarkt

Beim Wochenendeinkauf im Supermarkt meines Vertrauens erlebte ich jetzt einen Kulturschock. Die Kassen waren unbesetzt. War etwa An diesem Tag alles gratis zu haben? Mitnichten! Ich sah nur eine der vertrauten Mitarbeiterinnen, die zwischen 4 digitalen Selbstbedienungskassen den Zahlungsverkehr der zum Teil sichtlich irritierten Kunden regelte.


Selbstbedienungskasse!? Durfte man hier als zum Kassierer degradierter König Kunde etwa selbst bestimmen, wieviel man für seinen Einkauf zahlen wollte, frei nach dem Motto: „Was ist ihnen unsere Ware wert?“


Doch meine kühne Hoffnung offenbarte sich schnell als Illusion. Denn auch die digitale Selbstbedienungskasse, an der die Kunden zum unentgeltlichen Mitarbeiter des Supermarktes werden, indem sie ihre Waren über den Scanner ziehen und Ihr Geld in die dafür vorgesehenen Trichter werfen, kannte beim Preis keine Gnade oder einen Mitarbeiter-Rabatt. Soweit wollte der technik- und Fortschritts-affine Einzelhändler das Prinzip der Selbstbedienung dann doch nicht treiben.


Auch im digitalen Zeitalter hat alles seinen Preis, auch die Rationalisierung Denn auch wenn die digitale Selbstbedienungskasse leicht zu bedienen war, blieb bei mir der fade Nachgeschmack, dass ich mit meinem digitalen Selbstkassierungsakt zu einem Rädchen im großen Räderwerk der Rationalisierung geworden bin. Die Rationalisierung macht mit ihrem kurzsichtigen Blick auf die Personalkosten die Rechnung ohne den Menschen, der auch als Konsument nur das Geld ausgeben kann, was er zuvor als hoffentlich fair bezahlter Arbeitnehmer verdient hat . Bleibt also für uns alle nur zu hoffen, dass wir nicht bald feststellen müssen: „Die digitale Revolution frisst ihre Kinder.“


 Dieser Text erschien am 17. August 2020 in der NRZ

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