Montag, 10. November 2014

Wie barrierefrei sind Mülheims Busse und Bahnen?


Essen hat sie schon, Mülheim bekommt sie 2015; 15 neue Niederflurbahnen für 2,5 Millionen Euro pro Fahrzeug. Mittelfristig sollen insgesamt 19 Niederflurbahnen vom Typ NF2 auf Mülheims Straßen fahren.

Dass die Mülheimer Verkehrsgesellschaft (MVG) trotz ihres aktuellen 34-Millionen-Euro-Defizits neue Niederflurbahnen mit ausklappbarer Einstiegsrampe anschaffen will, hat mit dem Auftrag des Gesetzgebers zu tun. Der will den öffentlichen Personennahverkehr bis 2022 zu 100 Prozent „barrierefrei“ machen.

MVG-Sprecher Nils Hoffmann ist skeptisch. „In Mülheim wie in vielen finanzschwachen Kommunen in NRW wird es nur schwer möglich sein, das Ziel des barrierefreien Umbaus bis 2022 zu stemmen. Aufgrund der bis 2019 zur Verfügung stehenden Finanzmittel ist aber schon jetzt absehbar, dass bis zum 1. Januar 2022 die Barrierefreiheit im ÖPNV nicht erreicht werden kann“, sagt er.

Landesweit schätzt der Städtetag NRW den Finanzbedarf für den barrierefreien Umbau des Nahverkehrs auf rund 1,75 Milliarden Euro. Das Investitionsvolumen für den barrierefreien Umbau aller rund 40 Mülheimer Straßenbahnhaltestellen schätzt Hoffmann auf rund 50 Millionen Euro.

Allein im kommenden Jahr sollen insgesamt zehn Millionen Euro in den barrierefreien Umbau, also den Aufbau erhöhter Einstiegsbahnsteige, investiert werden. Auf der Umbauliste stehen die Haltestellen RWE-Sporthalle, Oppspring und Kuhlendahl, die von der Linie 104 angefahren werden, sowie die Haltestelle Speldorf Bahnhof, die von der Linie 901 angesteuert wird.

Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Behindertenverbände (AGB), Alfred Beyer, würdigt die Bemühungen von MVG und Stadt, die Haltestellen barrierefrei zu machen. Immerhin sind schon heute 71 Prozent der Straßenbahn,- 33 Prozent der Bus- und 50 Prozent der Stadtbahnhaltestellen barrierefrei.

Allerdings sieht er auch noch Nachholbedarf. „Die Umstiegssituation am Hauptfriedhof ist für Fahrgäste mit Rollstuhl oder Rollator unzumutbar“, findet er. Dort müssen Fahrgäste, die in Richtung Flughafen und Wohnstift Raadt fahren, von der 104 in einen Bus umsteigen. Auch im Speldorfer Ortszentrum, wo man derzeit auf der Duisburger Straße in die 901 einsteigen muss, erkennt er ebenso Umbaubedarf, wie an den noch aufzuglosen Stadtbahnhaltestellen Eichbaum und Von-Bock-Straße oder im unterirdischen Busbahnhof am Hauptbahnhof, der nur über Rolltreppen und Treppen erreichbar ist. Ihn sähe Beyer am liebsten oberirdisch und damit barrierefrei zwischen Hauptbahnhof, Forum und Hauptpost.

Auch die Einstiegrampen der neuen Niederflurbahnen sieht er aufgrund ihrer drei bis vier Zentimeter hohen Einstiegskanten skeptisch und plädiert deshalb für fahrzeuggebundene Einstiegshilfen in Form eines Hebelifts.

Dieser Text erschien am 1. November 2014 in der Neuen Ruhr Zeitung

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