Dort,
wo heute am Viktoriaplatz das Medienhaus entsteht, stand bis zum 9. November
1938 Mülheims Synagoge. Bei ihrer Grundsteinlegung (1905) hatte Rabbiner Otto
Kaiser ihren Bau als Zeichen religiöser Toleranz gefeiert, hatte mit Blick auf
Synagoge, Marien- und Petrikirche gesagt: „Es ist, als ob sie einander
zuwinken, als ob sie einander brüderlich die Hand reichen wollten, auf dass nie
wieder die Flammen des Hasses aufzüngeln."
Doch in der sogenannten Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 züngeln die Flammen des Hasses lichterloh, lassen die Synagoge niederbrennen, die zu diesem Zeitpunkt längst nicht mehr der auf etwa 340 Mitglieder geschrumpften Jüdischen Gemeinde, sondern der Stadtsparkasse gehört, die ihr angrenzendes Gebäude erweitern will. Ausgerechnet Feuerwehrchef, SS-Mann Alfred Freter, wird in dieser Nacht zum Brandstifter. Obwohl die Feuerwehr darauf achtet, dass der Brand nicht auf die Nachbarhäuser übergreift, erinnert sich der Rechtsanwalt Otto Niehoff 1980 an Explosionen und abgesprengte Mauerteile der Synagoge, die in dieser Nacht die Fenster seines benachbarten Elternhauses durchschlagen.
Freter hat am Abend des 9. November 1938 mit seinen NSDAP-Genossen in Essen der Gefallenen des an selbigen November 1923 gescheiterten Hitler-Putsches gedacht, als ihn die Brandrede des Reichspropagandaministers Joseph Goebbels erreicht. Ende der 50er Jahre muss er sich für seine Brandstiftung vor Gericht verantworten, aus formalrechtlichen Gründen wird er aber nie verurteilt.
Auch in der Mülheimer Stadthalle gedenken die Nazis an diesem 9. November 1938 ihrer 15 Jahre zuvor in München getöteten Gesinnungsgenossen. Dass Niederbrennen der Synagoge bleibt in dieser Pogromnacht nicht der einzige Übergriff auf die Jüdische Gemeinde. Alt-Bürgermeister Karl Schulz, damals 16 Jahre junger Lehrling, erinnert sich 60 Jahre nach den Ereignissen: „Die Bahnstraße, in der viele jüdische Händler und Anwälte ihre Geschäfte und Büros hatten, war mit Dingen überfüllt, die man aus den Fenstern herausgeworfen hatte."
SA- und SS-Männer ziehen am 9. und 10. November mit Hetzliedern durch die Stadt, demolieren jüdische Geschäfte und misshandeln jüdische Mitbürger." 80 von ihnen werden willkürlich verhaftet und in Konzentrationslager verschleppt. Sie kommen bis Weihnachten 1938 wieder frei, nachdem die Frauen der Inhaftierten Tag für Tag bei Polizei und Gestapo vorstellig werden. Benno Kohn, Mitglied der jüdischen Gemeinde, die sich längst nicht mehr in der Synagoge am Viktoriaplatz, sondern im Gemeindehaus an der Löhstraße trifft, wird in seiner Wohnung an der Eppinghofer Straße so brutal zusammengeschlagen, dass er wenig später im Marienhospital stirbt.
Er wird nicht das letzte jüdische Opfer der Nazis bleiben. Rund 270 Mülheimer Gemeindemitglieder werden ab 1941 deportiert und in Konzentrationslagern ermordet. Nach der Reichspogromnacht setzt unter den jüdischen Mülheimern eine Fluchtwelle ein. Rund 350 von ihnen können sich ins Exil retten. Was in der Pogromnacht 1938 eskalierte, begann schon Jahre vorher mit Boykottaktionen gegen jüdische Geschäfte.
Doch in der sogenannten Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 züngeln die Flammen des Hasses lichterloh, lassen die Synagoge niederbrennen, die zu diesem Zeitpunkt längst nicht mehr der auf etwa 340 Mitglieder geschrumpften Jüdischen Gemeinde, sondern der Stadtsparkasse gehört, die ihr angrenzendes Gebäude erweitern will. Ausgerechnet Feuerwehrchef, SS-Mann Alfred Freter, wird in dieser Nacht zum Brandstifter. Obwohl die Feuerwehr darauf achtet, dass der Brand nicht auf die Nachbarhäuser übergreift, erinnert sich der Rechtsanwalt Otto Niehoff 1980 an Explosionen und abgesprengte Mauerteile der Synagoge, die in dieser Nacht die Fenster seines benachbarten Elternhauses durchschlagen.
Freter hat am Abend des 9. November 1938 mit seinen NSDAP-Genossen in Essen der Gefallenen des an selbigen November 1923 gescheiterten Hitler-Putsches gedacht, als ihn die Brandrede des Reichspropagandaministers Joseph Goebbels erreicht. Ende der 50er Jahre muss er sich für seine Brandstiftung vor Gericht verantworten, aus formalrechtlichen Gründen wird er aber nie verurteilt.
Auch in der Mülheimer Stadthalle gedenken die Nazis an diesem 9. November 1938 ihrer 15 Jahre zuvor in München getöteten Gesinnungsgenossen. Dass Niederbrennen der Synagoge bleibt in dieser Pogromnacht nicht der einzige Übergriff auf die Jüdische Gemeinde. Alt-Bürgermeister Karl Schulz, damals 16 Jahre junger Lehrling, erinnert sich 60 Jahre nach den Ereignissen: „Die Bahnstraße, in der viele jüdische Händler und Anwälte ihre Geschäfte und Büros hatten, war mit Dingen überfüllt, die man aus den Fenstern herausgeworfen hatte."
SA- und SS-Männer ziehen am 9. und 10. November mit Hetzliedern durch die Stadt, demolieren jüdische Geschäfte und misshandeln jüdische Mitbürger." 80 von ihnen werden willkürlich verhaftet und in Konzentrationslager verschleppt. Sie kommen bis Weihnachten 1938 wieder frei, nachdem die Frauen der Inhaftierten Tag für Tag bei Polizei und Gestapo vorstellig werden. Benno Kohn, Mitglied der jüdischen Gemeinde, die sich längst nicht mehr in der Synagoge am Viktoriaplatz, sondern im Gemeindehaus an der Löhstraße trifft, wird in seiner Wohnung an der Eppinghofer Straße so brutal zusammengeschlagen, dass er wenig später im Marienhospital stirbt.
Er wird nicht das letzte jüdische Opfer der Nazis bleiben. Rund 270 Mülheimer Gemeindemitglieder werden ab 1941 deportiert und in Konzentrationslagern ermordet. Nach der Reichspogromnacht setzt unter den jüdischen Mülheimern eine Fluchtwelle ein. Rund 350 von ihnen können sich ins Exil retten. Was in der Pogromnacht 1938 eskalierte, begann schon Jahre vorher mit Boykottaktionen gegen jüdische Geschäfte.
Dieser Text erschien am 8. November 2008 in der Neuen Ruhr Zeitung
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