Die urlaubs- und krankheitsbedingten Ausfälle der Deutschen Bahn im Stellwerk des Mainzer Hauptbahnhofes haben bundesweit zu einer Kontroverse darüber geführt, ob Arbeitnehmer im Notfall aus dem Urlaub zurückgeholt werden können und ob die Personaldecken insgesamt zu dünn geworden sind. Die NRZ sprach darüber mit dem stellvertretenden Geschäftsführer der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Günter Wolf, die in Mülheim und Oberhausen insgesamt 15?000 Arbeitnehmer in den Bereichen Verwaltung, Verkehr, Handel, Gesundheit, Soziale Dienste, Kirchen, Post, Wachdienste und Wohnungswirtschaft vertritt.
Frage: Dürfen Arbeitnehmer bei einer Notlage aus dem Urlaub zurückgeholt werden?
Antwort: Darauf haben Arbeitgeber keinen Rechtsanspruch. Das kann nur auf freiwilliger Basis und im Einvernehmen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber geschehen.
Frage: Wenn ein Arbeitnehmer freiwillig seinen Urlaub unterbricht, worauf sollte er achten?
Antwort: Er oder sie sollte sich vom Arbeitgeber den noch zustehenden Rest- und Ersatzurlaub schriftlich bestätigen lassen. Wenn der Arbeitnehmer nichts macht und sich nur auf die Versprechungen seines Chefs verlässt, verfällt sein nicht genutzter Urlaubsanspruch zum 31. März des Folgejahres. Grundsätzlich gilt: Urlaub dient der Wiederherstellung der Arbeitskraft und kann vom Arbeitgeber nicht abgekauft werden. Außerdem muss der Arbeitgeber Stornogebühren übernehmen, wenn der Arbeitnehmer seinen gebuchten Urlaub aufgrund der betrieblichen Notlage nicht antreten kann.
Frage: Muss ein Arbeitnehmer im Urlaub für seinen Arbeitgeber erreichbar sein?
Antwort: Nein. Arbeitnehmer müssen im Urlaub weder erreichbar sein, noch können sie dazu verpflichtet werden, in ihrem Urlaub dienstliche E-Mails zu lesen.
Frage: Gab es in Mülheim vergleichbare Personalengpässe wie in Mainz?
Antwort: Bisher ist da bei uns noch nichts aufgeschlagen. Aber auch wir beobachten seit Jahren einen Trend, durch Personaleinsparungen und technische Rationalisierung Personal einzusparen und Arbeit zu verdichten.
Frage: Was sind die Folgen?
Antwort: Arbeitnehmer haben weniger Spaß und mehr Stress bei ihrer Arbeit. So werden sie schneller krank und machen mehr Fehler.
Frage: Wie kann man diese Entwicklung verhindern?
Antwort: Die Personaldecken müssen wieder dicker werden. Die Betriebe müssen ihre Urlaubszeiten schon am Jahresbeginn in enger Abstimmung mit Betriebsräten und Arbeitnehmern planen. Außerdem müssen mehr Springer ausgebildet werden, die aufgrund ihrer Qualifikation in der Lage sind, in verschiedenen Bereichen eines Unternehmens zu arbeiten. Und wenn gar nichts anderes mehr hilft, müssen Leiharbeiter, Engpässe und Arbeitsspitzen abfangen. Das darf aber nur eine zeitlich befristete Ausnahmelösung sein.
10 Prozent plant die Mülheimer Verkehrsgesellschaft für ihre wiederkehrenden Routinedienste als maximale Urlaubsquote ein. Dazu gehört auch ihr von insgesamt 218 Mitarbeitern gewährleistete r Fahrdienst. Die Mitarbeiter der Leitstelle und des Stellwerkes können sich aufgrund ihrer Ausbildung im Notfall gegenseitig vertreten. MVG-Sprecher Nils Hoffmann, räumt aber ein, dass es zu Zeiten einer Grippewelle auch schon Personalausfälle gab, die nicht mehr durch Überstunden und Arbeitsverdichtung aufgefangen werden konnten.
Dieser Text erschien am 13. August 2013 in der Neuen Ruhr Zeitung
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