Pater Josef Pütz (links) und Pater Leo Vieten mit einem Bild ihres Ordensgründers |
Doch aus dem Frauenkonvent wurde nichts. Stattdessen waren es die Ordensmänner der Oblaten des heiligen Franz von Sales, die damals als Seelsorger in der Saarner Kloster-Pfarrei St. Mariae Himmelfahrt die geistliche Nachfolge der Zisterszienserinnen antraten.
Heute leben mit Josef Prinz, Leo Vieten und Franz Josef Flötgen noch drei Patres der Oblaten des Heiligen Franz von Sales als geistliche Mieter auf einer Etage unter dem Klosterdach im alten Äbtissinnenbau. Vom Pfarrbüro aus führt eine Treppe hinauf zur Wohnetage der Ordensleute. Zu der gehört auch eine kleine Kapelle, in der die Tag der Ordensleute um 7.15 Uhr mit ihrem Morgengebet, der Laudes, eingeläutet wird. Selbstverständlich kennen alle drei die Geschichte ihres Wohn- und Arbeitsplatzes. „Aber wir leben alle im Hier und Jetzt und sind froh, dass die Klosterzellen heute nicht mehr so klein sind wie früher“, sagt Pater Leo mit einem Augenzwinkern.
Tatsächlich hat jeder der drei Klosterbrüder ein kleines Apartment mit Arbeits- Schlaf- und Badezimmer. Die Einrichtung ist einfach, aber funktional. Trotz Armutsgelübde und begrenztem Taschengeld müssen Ordensleute heute nicht ohne Fernseher oder Computer leben. Der Flur, der die Apartments mit dem gemeinschaftlichen Wohnzimmer der Patres verbindet, wird von einem langen und gut gefüllten Bücherregal dominiert.
Dort betrachten Pater Leo und Pater Josef, der 2010 dessen Nachfolge als Pfarrer von St. Mariae Himmelfahrt antrat, ein Bild ihres Ordensgründers Louis Brisson (1817-1908), der in diesem Jahr von Papst Benedikt XVI. selig gesprochen worden ist. Zusammen mit der Seligsprechung konnten die Ordensleute 2012 auch die Weihe und erste Heilige Messe eines neuen Ordenspriesters feiern. Der 30-jährige Ordensmann, der seinen geistlichen Dienst aber nicht in Saarn verrichten wird, heißt Dominik Nguyen und kommt aus Vietnam. Das ist nicht nur für die Ordensgemeinschaft der Oblaten des heiligen Franz von Sales symptomatisch. Der Nachwuchs kommt heute eher aus Amerika, Afrika und Asien als aus dem alten christlichen Europa.
Pater Josef (64), Pater Franz-Josef (75) und Pater Leo (77) machen sich angesichts dieser Entwicklung und mit Blick auf ihr eigenes Lebensalter keinen Illusionen darüber, dass sie die letzten Ordensleute in Kloster Saarn sein könnten, wenn nicht noch ein Wunder geschieht. „Wenn wir keinen Nachwuchs bekommen, kann es sein, dass wir hier in einigen Jahren zusperren müssen. Schon jetzt fragen uns manche: Gemeindemitglieder: Wie lange bleibt ihr uns noch erhalten?,“ räumt Pater Josef ein. Dennoch ist er sich mit seinen beiden Saarner Klosterbrüdern einig, „dass wir, solange wir hier als Priester und Ordensleute arbeiten ganz im Sinne des heiligen Franz von Sales unsern Glauben optimistisch und nicht verbissen leben und verkünden wollen.“
Ironie der Geschichte. Als der aus dem niederrheinischen Geilenkirchen stammende Leo Vieten 19 war, war es ausgerechnet ein in Namibia arbeitender Missionar der Ordensgemeinschaft, der mit seinen Berichten und mit seiner Ausstrahlung in dem jungen Mann erst die Abenteuer- und dann auch die Glaubenslust entfachte. Natürlich haben auch Pater Leo, Pater Josef und Pater Franz Josef betroffen und entsetzen die Medienberichte über Missbrauchsfälle in Ordensschulen und Einrichtungen verfolgt. Aber sie selbst haben in ihren jungen Jahren „Ordensleute mit einer wahnsinnigen Ausstrahlung und einer lebensfrohen Lockerheit“ kennengelernt, die ihnen zum Vorbild für ihren eigenen Lebensweg werden sollten. Im Falle von Pater Josef und Pater Franz-Josef kamen diese charismatischen Ordenspriester, „die mit beiden Beinen im Leben standen“, als Lieblingsonkel und Counsin des Vaters sogar aus der eigenen Familie.
Natürlich wissen die Ordenspriester die während der 50er und 60er Jahre in Oberösterreich, am Niederrhein und im Ruhrgebiet sozialisiert wurden, noch von einem starken katholischen Milieu zu berichten, in dem das Engagement bei den Messdienern und in der kirchlichen Jugendarbeit selbstverständlich waren. „Früher war jede katholische Familie stolz, wenn ein Sohn Priester werden wollte. Heute wird er nicht selten gefragt, ob er verrückt geworden sei und aufgefordert, lieber etwas vernünftiges zu lernen“, schildert Pater Josef die Folgen der zunehmend säkularisierten Gesellschaft. „Auch wir haben uns natürlich gefragt, ob das funktionieren kann oder ob es vielleicht mal wieder eine Christenverfolgung wie unter den Nazis geben könnte“, erinnert sich Pater Leo an die Diskussionen, die er 1962 mit den vier Jahrgangskollegen führte, die wie er im ersten Jahr des Zweiten Vatikanischen Konzils ihren Weg als Ordenspriester begannen.
„Wir sind da irgendwie hineingeschlittert“, sagt der aus Oberösterreich stammende Pater Josef, der wie sein Lieblingsonkel später als Pädagoge an Ordensschulen in Österreich und Bayern arbeiten sollte. Dort und als Pfarrer in Wien erlebte er „die Verantwortung, aber auch die Freude daran, mit den mir anvertrauten jungen Leuten zu arbeiten und sie auch in schwierigen Lebenssituationen begleiten zu können.“ Aus diesem Erfahrungsschatz kann der Geistliche auch heute als Seelsorger der 19.000 Seelen zählenden Linksruhr-Pfarrei St. Mariae-Himmelfahrt schöpfen.
Auch Pater Leo, der sich heute nur noch als geistlicher Pensionär und „freischaffender Künstler“ sieht, weiß aus seiner langjährigen Erfahrung als Gemeindeseelsorger am Niederrhein und an der Ruhr: „Unsere Arbeit ist kein Opfer, sondern ein Geschenk, weil man von den Menschen, denen man begegnet, mit denen man spricht und die man an wichtigen Stationen ihres Lebensweges begleitet, auch viel zurück bekommt.“ Das spürt Pater Leo vor allem in den Gesprächen mit Kindern. Deren unverbrauchte Lebensenergie und unvoreingenommene Betrachtung des Glaubens begeistern und verblüffen ihn immer wieder.
Bliebe noch die Frage nach den Frauen. Macht das Gelübde der Ehelosigkeit nicht einsam? „Man kann auch in einer Familie einsam sein, weil auch dort jeder sein eigenes Leben leben muss“, sagt Pater Josef. Doch er betont auch, dass er nicht wegen, sondern trotz des Pflichtzölibates Ordenspriester geworden sei, „weil ich auch heute noch der Meinung bin, dass es für mich die richtige Lebensentscheidung war.“ Doch auch wenn alle Saarner Klosterbrüder beteuern, „hausmännlich gebildet“ zu sein, wollen sie doch auf eine Frau in ihrem Männerhaushalt nicht verzichten. Denn auch hinter starken Ordensmännern steht eine starke Frau, in diesem Fall ist es die Haushälterin Maria Maihs.
Zahlen und Fakten: Drei Oblaten des heiligen Franz von Sales leben heute noch im Kloster Saarn. 508 sind es nach Angaben des in der Mission, in der Gemeindeseelsorge sowie in der Jugendarbeit tätigen Ordens weltweit und 100 in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Vor 50 Jahren hatte die deutschsprachige Ordensprovinz der Sales-Oblaten noch doppelt so viele Mitglieder
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