In stürmischen Zeiten wechselt der aus sechs Gemeinden bestehende Kirchenkreis An der Ruhr seine Führung. Die Kreissynode hat den 61-jährigen Michael Manz zum neuen Superintendenten des 40.000 Gemeindemitglieder zählenden Kirchenkreises gewählt. Manz, der seit 30 Jahren als Pfarrer in Mülheim arbeitet, tritt am 16. Dezember die Nachfolge des 67-jährigen Pfarrers Gerald Hillebrand an. Zum Amtswechsel, der mit einem Gottesdienst in der Petrikirche gefeiert wird, wird auch der rheinische Landesbischof Thorsten Latzel erwartet.
Gehörten um 1810 mehr als 80 Prozent der Bürgerschaft zur evangelischen Kirche, so waren es Mitte der 1920er Jahre noch 64 Prozent und Mitte der 1970er Jahre noch 54 Prozent und Ende der 1990er Jahre noch 36 Prozent, während es heute nur noch 23 Prozent der Bürgerschaft. Der auf den geellschaftlichen und den demografischen Wandel zurückzuführende Schrumpfungsprozess der christlichen Stadtkirchen fordert auch dem evangelischen Kirchenkreis strukturelle Reformen ab.
Weniger und größere Kirchengemeinden. Weniger Gotteshäuser. Das war und ist der Trend. Dennoch sehen weder der noch amtierende noch der designierte Superintendent in dieser Herausforderung ein KO-Kriterium für das christliche Leben in unserer Stadt. Aktuell beschäftigen die Mülheimer Gemeinden 21 hauptamtliche Theologinnen und Theologen. Im Durchschnitt betreut ein Pfarrer oder eine Pfarrerin 3000 Kirchenmitglieder. Vor 30 Jahren gab es in Mülheim auch noch Gemeinden mit gut 1000 Mitgliedern. Die größeren Gemeindeeinheiten verlangen den Pfarrern und Pfarrerinnen heute eine deutlich erhöhten Anteil von Verwaltungsarbeit ab.
Dennoch sehen Hillebrand und Manz Seelsorge und Diakonie weiterhin als die zentralen Aufgaben kirchlicher Arbeit. Das Tauffest in Raffelbergpark und die Kirchenkreis-Freiluft-Gottesdienste zum Pfingstfest sehen sie in diesem Zusammenhang als wegweisend an. Auch Videobotschaften und Online-Gottesdienste sind seit der Corona-Pandemie Teil der evangelischen Verkündigung. Dennoch sind sich der scheidende und der designierte Superintendent darin einig, dass die gute alte analoge 1:1-Seelsorge durch nichts zu ersetzen ist.
Der in Essen aufgewachsene Michael Manz, der sowohl in Heißen als auch in Styrum Gemeinden geleitet hat bzw. dies noch tut, hat eine klare Vorstellung, von dem was die Evangelische Kirche vor Ort auch in Zeiten mit weniger Mitgliedern und weniger materiellen und personellen Mitteln leisten muss. Er sagt dazu: "Wir müssen öffentlichkeitswirksamer darstellen, was wir als Kirche Menschen anzubieten haben. Wir müssen mit unseren personellen Ressourcen fürsorglich umgehen, um sie nicht langfristig zu überreizen. Und wir müssen als Kirche auch gesellschaftspolitisch im Sinne der Frohen Botschaft relevant bleiben und weiterhin Partei für sozial benachteiligte Menschen ergreifen, auch wenn wir uns damit nicht immer bei allen beliebt machen."
In seiner eigenen seelsorgerischen und liturgischen Praxis macht Manz immer wieder die Erfahrung, "dass Menschen gerade an den Wendepunkten ihres Lebens Sinn, Orientierung und Begleitung suchen, die ihnen gut tut und sie für ihr Leben stärkt."
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