Montag, 27. November 2023

Medien in Mülheim

In den letzten beiden Jahrzehnten ist das Internet, inklusive Google und Facebook zu Leitmedium aufgestiegen und hat damit unsere Medienlandschaft einer digitalen Revolution unterzogen. Auch Zeitungsverlage wie die in Mülheim aktive Funke Mediengruppe sind heute crossmedialen Unternehmen.

Der Westen machte 2007 als Internet Portal der damaligen WAZ Mediengruppe in Sachen digitaler Nachrichten und Informationsverbreitung in unserer Region den Anfang. Schon 1989 war die heutige Funke Mediengruppe mit Antenne Rühr in den lokalen Hörfunk eingestiegen. 2007 würde aus Antenne Rühr Radio Mülheim und Radio Obernhausen. Gab es zwischen 1950 und 1976 in Mühlheim mit NRZ, WAZ und den Ruhr Nachrichten drei eigenständige Lokalredaktionen, so ist heute allein die Lokalredaktion der WAZ übriggeblieben. Die seit 1946 in Mülheim erscheinende NRZ hat ihre Lokalredaktion 2018 geschlossen. Die 1976 als unabhängige lokale Wochen Zeitung gegründete und 1981 von der damaligen WAZ Mediengruppe übernommene Mülheim Woche schloss ihre Lokalredaktion im Februar 2023.

Die NRZ und die Mülheimer Woche, die, wie die WAZ, Teil der 2012 gegründeten Funke Mediengruppe sind, haben sich mit einer personell deutlich abgespeckten Regionalredaktion nach Essen zurückgezogen.

Die erste Mülheimer Zeitung erschien unter eben diesen Titel am 3. Januar 1797, 192 Jahre nach dem Erscheinen der ersten deutschen Wochenzeitung (Relation) in Straßburg und 147 Jahre nach dem Erscheinen der ersten deutschen Tageszeitung (Einkommende Zeitungen) in Leipzig. Ihr Herausgeber war der Buchdrucker Gerhard Wilhelm Blech. Dass er seine Zeitung nach nur vier Jahren wieder einstellen musste, hatte mit den politischen Verhältnissen im Spätabsolutismus zu tun. 

Denn die Landesherren, in diesem Falle war es die Broicher Landgräfin Maria Luise Albertine von Hessen-Darmstadt, konnte jederzeit die Genehmigung zur Herausgabe einer Zeitung wieder entziehen, sobald ihr Beiträge aus dieser Zeitung nicht gefielen. Dennoch blieben Gerhard Wilhelm Blech und seine Nachfahren dem Buch- und dem Zeitungsdruck treu. So gaben sie zwischen 1835 und 1851 den Boten für Stadt und Kreis Duisburg und ab 1886 denn Generalanzeiger für Mülheim heraus. Ein nur kurzes und revolutionsbedingtes Erscheinen war 1848/49 dem "Wächter an der Ruhr" beschieden.

Neben der Familie Blech war auch die Familie Julius Bargel eine wichtige Verlegerfamilie. Sie gab nicht nur Bücher, sondern ab 1857 auch die Rhein-Ruhr-Zeitung heraus. Und zwei Jahre nach der Reichsgründung erschien erstmals ab 1873 wieder eine Mülheimer Zeitung, zunächst unter der Regie von Julius Wacker und ab 1880 im Besitz der Familie Ernst Marks. Die Familie Marks blieb bis 1945 die tonangebende Verlegerfamilie der Stadt. Ihr Verlag übernahm 1911 auch den General-Anzeiger für Mülheim. Das zweite Mülheimer Lokalblatt wurde unter dem Eindruck der nationalsozialistischen Pressegleichschaltung 1933 mit der Mülheimer Zeitung zwangsfusioniert. Zwischenzeitlich hatten mit der Mülheimer Volkszeitung (1908-1923) und der Freiheit (1918/19) in Mülheim auch eine katholische und kommunistische Zeitung existiert. Darüber hinaus berichtete zwischen 1919 und 1933 auch die in Duisburg herausgegebene Volksstimme als sozialdemokratische Tageszeitung auch über das Geschehen in Mülheim. 

Neben der Mülheimer Zeitung erschien in der NS-Zeit auch die von der NSDAP herausgegebenen Nationalzeitung, die ihre Zentralredaktion in Essen hatte. Mit dem zweiten Weltkrieg und der NS-Diktatur endete auch die Geschichte der Mülheimer Zeitung. Die Alliierten verboten den sogenannten Altverlegern, die vor 1945 und damit während der NS-Herrschaft publizistisch tätig gewesen waren, die weitere Betätigung als Zeitungsverleger. 

Stattdessen gab die britische Armee, zu deren Besatzungszone ab Juni 1945 auch Mülheim gehörte en sie mit der Ruhrzeitung (1945/46) die von Hans Habe und Stefan Heym geleitete Ruhrzeitung heraus, die als lokales Veröffentlichungsblatt diente. Ab 1946 vergaben die Alliierten, und in Mülheim die britische Besatzungsmacht, Lizenzen an politisch unbelastete Neuverleger. Zu Ihnen gehörten unter anderem die Sozialdemokraten Dietrich Oppenberg und Erich Brust sowie der ehemalige Zentrumsmann Anton Berz. Der Sozialdemokrat Dietrich Oppenberg, der während des Dritten Reiches zeitweise im Gefängnis gesessen hatte, gab ab 1946 die auch in Mülheim erscheinende Neue Ruhr Zeitung heraus. Diese Zeitung war von den Briten als SPD nahe Zeitung lizenziert worden. Zeitgleich erhielt Anton Berz in Düsseldorf die Lizenz für die CDU-nahe Rheinische Post. Beide Zeitungen hatten zwischen 1946 und 1949 auch lokale Redaktionen in Mülheim. Die Rheinische Post zog sich 1949 aus Mülheim zurück und wurde ab 1950 durch die ebenfalls CDU-nahen Ruhrnachrichten des Verlegers Lambert Lensing ersetzt. Der ehemalige Chefredakteur der NRZ, Erich Brost, wurde zusammen mit dem vormaligen Redakteur der Rheinisch-Westfälischen Zeitung in Essen, Jakob Funke, 1948 Lizenzträger für die unabhängige Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ). 

Die WAZ konnte im Gegensatz zu NRZ und zu den Ruhrnachrichten ihre Auflage stetig steigern und damit auch mehr Anzeigen gewinnen. Sie profitierte von der übernahme des Zeitungsverlages Marks, die ihr ermöglichte mit dem Untertitel Mülheimer Zeitung erscheinen zu können. 

Die Folge des zunehmenden WAZ-Erfolgs 1976 die Gründung der WAZ-Mediengruppe. Zu ihr gehörten jetzt auch die NRZ, die Westfälische Rundschau und die Westfalenpost. ihre Redaktionen blieben zwar eigenständig. Aber alle Blätter hatten einen gemeinsamen Anzeigenteil. Nach dem Rückzug der Ruhrnachrichten 1976, gründete sich die zunächst unabhängige Mülheimer Woche als lokales Wochenblatt, das allerdings 1981 von der WAZ-Mediengruppe übernommen wurde. Damit hatte die WAZ-Mediengruppe eine eine mediale Monopolstellung in unserer Stadt gewonnen. Im Jahr 2012 wurde aus der WAZ-Mediengruppe die Funke Mediengruppe. Hintergrund war die Übernahme der Anteile der Familie Brost durch die Familie Funke-Grothkamp  Jakob Funke (1901 bis 1975) war Mit-Herausgeber und kaufmännischer Leiter WAZ. Anders, als sein Mit-Herausgeber und langjähriger Chefredakteur Erich Brost war Funke kein Sozialdemokrat. Er hatte auch während der NS-Zeit für die Rheinisch-Westfälische Zeitung des zwischenzeitlichen nationalsozialistischen Essener Oberbürgermeisters Theodor-Reismann-Grone als Redakteur gearbeitet und war 1941 Mitglied der NSDAP geworden und arbeitete für das Deutsche Nachrichtenbüro. 1945/46 war er für die Ruhrzeitung tätig und wurde Mitglied der neu gegründeten CDU.
Bevor er mit Brost ab 1948 die WAZ herausgab, hatte er als Redakteur Dietrich Oppenbergs für das Rhein Echo und die NRZ gearbeitet.  Seit Mit-Verleger Erich Brost (1903 bis 1995) war als Sozialdemokrat während der NS-Zeit im Exil journalistisch aktiv. Vor 1933 hatte der aus Ostpreußen stammende Brost als Redakteur für die Danziger Volksstimme gearbeitet. 

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