In Zeiten des Wiedererstarkenden Rechtspopulismus und
Rechtsextremismus nahmen sich 130 Menschen aus verschiedenen Bereichen der
Bürgerschaft einen halben Tag Zeit, um über unsere Demokratie zu sprechen. Das
Zentrum für bürgerschaftliches Engagement CBE und die katholische Akademie Die Wolfsburg
hatten zur Demokratiekonferenz geladen.
Den ersten Impuls lieferte der langjährige WDR-Hörfunkjournalist
Tom Hegermann. Er ging mit seiner Zunft hart ins Gericht. Interviews, die vor
20 Jahren noch 7 Minuten dauern dürften, müssen heute schon nach 2 Minuten 30
beendet werden beschrieb er den allgemeinen Trend zum Häppchenjournalismus.
Darin sieht Hegermann der heute als Kommunikationstrainer arbeitet, eine für
unsere Demokratie gefährliche Wirklichkeits- und Komplexitätsverweigerung der
Medien.
Auch Mülheims Bildungsdezernent David Lüngen konstatierte: „Wir
erreichen mit unseren Informationsveranstaltungen, bei denen oft mehr
Mitarbeitende aus der Stadtverwaltung als interessierte Bürgerinnen und Bürger vertreten
sind, längst nicht mehr alle Bevölkerungsgruppen.
Auch Bürgermeister Markus Püll räumte ein, „dass das an die
Substanz unserer Demokratie geht, , weil Demokratie mit dem Dialog beginnt.“ Mediatoren
Dr. Evgenja Sayko plädierte für eine
neue Gesprächs- und Diskussionskultur, die das Gegenüber mit der anderen
Meinung respektiere und nicht als Gegner abwehrte.“
Steffen Ludwig, Jugendredakteur des Recherchenetzwerks
Korrektiv, gab hilfreiche Faustregeln für die persönliche Medienanalyse. „Schauen
Sie sich genau an, ob sie bestimmte Nachrichten nur in einem oder in mehreren
Medien finden. Gucken Sie sich bei jeder Medienquelle das Impressum an, um zu sehen,
wer redaktionell hinter der Nachricht steckt. Überprüfen Sie fragwürdige Fotos
mit der Google-Rückwärtssuche, die Ihnen automatisch Fotos zu vergleichbaren
Themen liefert. Wenn Sie auf Quellen stoßen, die besonders reißerisch und in
schlechtem Deutsch formuliert worden sind, kann das ein Hinweis auf Influencer
sein, die es darauf anlegen, im Netz Fake News zu verbreiten“, betonte Ludwig.
Die Diskussion machte deutlich: In Zeiten, in denen sich
unsere Gesellschaft mit immer komplexeren Fragen konfrontiert sieht, wächst die
Sehnsucht nach immer einfacheren Antworten, die vermeintlich nicht nur von
Rechtsextremisten und Rechtspopulisten, sondern auch von Internet Influencern
oder durch angeblich gut informierte Freunde in sozialen Gruppen verbreitet
werden. „Die Sehnsucht nach einfachen Antworten, hat oft nichts mit mangelnder
Intelligenz, sondern mit einer mangelnden emotionalen Resilienz zu tun“,
unterstrich Tom Hegermann.
Dass dieses soziale Phänomen keine Lappalie ist, wurde daran
deutlich, dass man sich einig darin war, dass eine gut funktionierende
Demokratie auf gut informierte Bürgerinnen und Bürger angewiesen ist. In diesem
Zusammenhang erntete die amtierende Bundesregierung denn auch scharfe Kritik
für ihre Sparpläne im Budget der Bundeszentrale für politische Bildung.
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