Zehn Jugendliche aus der Vereinten Evangelischen Kirchengemeinde haben am Samstagnachmittag zusammen mit Pfarrer Dietrich Sonnenberger auf dem ehemaligen Holthauser Friedhof an der Röntgenstraße das Grab des aus Kamerun stammenden Prinzen Moses Equalla Deido gepflegt und mit Tulpen, Narzissen und Primeln neu bepflanzt.
Prinz Moses Equalla Deido wurde auf dem 1878 angelegten und 1917 geschlossenen Friedhof beigesetzt, nachdem er am 1. Mai 1891 im Alter von nur 15 Jahren an den Folgen einer Lungenentzündung gestorben war. Diese hatte er sich im Winter 1890/91 nach einem Sturz in eine eiskalte mit Wasser gefüllte Lehmkuhle zugezogen.
Bevor sich die Jugendlichen aus der VEK mit Schippe, Schubkarre, Arbeitshandschuhen und Pflanzen auf den Weg zum alten Holthauser Friedhof machten, ließen sie sich bei einer Videokonferenz in der Pauluskirche an der Witthausstraße vom Urgroßneffen des Prinzen Moses Equalla Deido, Prinz Jean-Pierre Felix Eyoum vom Schicksal seines Vorfahren berichten. Sie staunten darüber, dass der heute 72-jährige Jean Pierre Felix Eyoum, über 40 Jahre als Sonderschullehrer in Bayern gearbeitet hat und heute mit seiner aus Düsseldorf stammenden Frau in München lebt, auf den Spuren seines Vorfahren wandelt. Beeindruckt und berührt zeigten sich die Jugendlichen davon, dass der seit 1961 unabhängige westafrikanische Vielvölkerstaat Kamerun zwischen 1884 und 1919 eine deutsche Kolonie war und die Eltern des Prinzen Moses Equalla Deido ihrem Sohn etwas Gutes tun wollten, als sie ihn 1890 in das Land ihrer „Schutzmacht“ und ihrer Handelspartner schickten, damit er dort deren Sitten, Gebräuche und Sprache erlernen konnte. So besuchte er in Holthausen die Evangelische Volksschule am Werdener Weg und fand mit dem Volksschullehrerehepaar Heinrich und Anna de Jong Gasteltern. Sie und ihre Nachfahren pflegten dann auch über Jahrzehnte das Grab des in ihrer Obhut verstorbenen Prinzen aus Kamerun. 1902 besuchte König Epe Jim Equalla Deido das Grab seines Sohnes. Der König führte damals eine kamerunische Delegation an, die sich in Berlin über die Mängel der deutschen Kolonialverwaltung beschweren wollte.
Heute sind es nicht nur Pfarrer Dietrich Sonnenberger und Jugendliche aus seiner Kirchengemeinde, sondern auch eine Bürgerinitiative um die Holthauser Eheleute Wolfgang und Dagmar Peek, die sich um die Pflege des alten Holthauser Dorfriedhofes kümmern und ihn vor wohnungsbaulichen Begehrlichkeiten zu retten versuchen. Ausgang offen.
Pfarrer Dietrich Sonnenberger stieß durch seine Leidenschaft fürs Geo-Cashing auf das Holthauser Grab des unglücklichen Prinzen aus Kamerun, dessen Grabstein 1989 vom Mülheimer Steinmetz Klingenberg erneuert worden ist. Sonnenberger sagt: „Dass ist ein Stück unserer gemeinsamen Gesichte und gehört deshalb zu unserem Stadtteil. Indem wir die Erinnerung an das Lebensschicksal des Prinzen Moses Equalla Deido wachhalten, erinnern wir uns in einer zunehmend multikulturellen Stadtgesellschaft daran, wie wichtig es ist, dass wir uns als Menschen mit Empathie begegnen. Deshalb fände ich es auch schön, wenn eine der neuen Straßen in unserer Stadt nach Moses Equalla Deido benannt werden könnte und er, wie andere Persönlichkeiten, die zur Geschichte Mülheims gehören, ein städtisches Ehrengrab erhalten würden.“
Der 14-jährige Max Bungert, wundert sich bei der Gartenarbeit am Grab des jungen Prinzen aus Kamerun, „dass er damals ausgerechnet zu uns nach Mülheim gekommen ist.“ Ihn erschüttert es, „wie grausam auch die Deutschen die Menschen in ihren Kolonien behandelt und sie hier bei uns in Völkerschauen vorgeführt haben.“ Für ihn steht fest: „So etwas darf es nie wieder geben!“ Das sieht seine Mitstreiterin, die zwölfjährige Leticija Braun im Angesicht des Prinzengrabs genauso. Die Tochter einer bosnischen Mutter und eines deutsch-polnischen Vaters sagt: „Ich finde es krass, dass die europäischen Großmächte auf der Landkarte Afrikas einfach mit dem Lineal Staatsgrenzen gezogen und ihre Kolonien untereinander verteilt haben. Genauso krass und traurig finde ich, dass ein Junge, der gerade mal drei Jahre älter war, als ich es jetzt bin, weit weg von seiner Heimat in einem fremden Land sterben musste.“ Sie sieht das Lebensbeispiel des jungen Prinzen aus Kamerun, der seit nunmehr 132 Jahren in der Mülheimer Erde ruht, als eine Mahnung: „, dass wir uns vor Vorurteilen hüten und uns als Menschen besser begegnen und kennenlernen sollten.“
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen