Dienstag, 15. September 2020

Die Mischung macht’s

Er sei in der jetzigen Krise froh, dass mit der Physikerin Angela Merkel und dem Arzt Helge Braun im Bundeskanzleramt zwei Naturwissenschaftler das Sagen hätten, weil sie einen besseren Einblick in die mit der Corona-Krise verbundenen Zusammenhänge hätten als ein Politologe.

So sagte es der Unternehmensvorstand und Preisstifter Bernd Jotzo in seiner Laudatio auf die nominierten und Preisträger das von der Bürgerstiftung vergebenen Preises für besondere Nachwuchs-Leistungen in den Naturwissenschaften.


Natürlich erwartet man von einem naturwissenschaftlichen Preisstifter das Hohe Lied auf die Naturwissenschaften. Doch sind Naturwissenschaftler, ob ihrer Profession, automatisch die besseren Politiker. Der syrische Augenarzt und Diktator Assad lässt mich daran ebenso zweifeln wie die Physiker, denen wir die Atombombe zu verdanken haben oder die in der NS-Zeit schrecklich dienstbaren Ärzte und Naturwissenschaftler.

Unser Land ist Gott sei Dank auch nicht untergegangen, als es von den Juristen Adenauer, Kiesinger und Schröder, von den Nationalökonomen Erhard und Schmidt, vom Journalisten Brandt oder vom Historiker Kohl regiert wurde. Das galt auch für unsere Stadt, als sie zum Beispiel von den Juristen Paul Lembke und Jens Baganz oder von der Deutsch- und Geschichtslehrerin Dagmar Mühlenfeld regiert wurde.

Tatsächlich gleicht die Regierungskunst auf allen staatlichen Ebenen einem Labor, in dem mit ungewissem Ausgang experimentiert und an den Problemen unserer Gesellschaft herumgedoktert wird. Dabei kann auch der eine oder andere quer- und in gesellschaftlichen Zusammenhängen denkende Politikwissenschaftler in der Versuchsanordnung nicht schaden.


Am Ende bringt uns nur eine menschlich und fachlich gute Mischung und der Verzicht auf Vorurteile und Schubladendenken voran. Das gilt auch für die Stadtverwaltung, egal ob sie künftig von der Soziologin Monika Griefahn oder vom Sozialmanager und Arbeitsvermittler Marc Buchholz geführt wird. 


Dieser Text erschien am 15. September 2020 in der NRZ

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