Zwischen Gracht und Görlitzer Straße erinnert die Rathenaustraße an den 1867 geborenen jüdischen Industriellen, Publizisten und liberalen Politiker Walther Rathenau, der vor 100 Jahren von Rechtsextremisten ermordet wurde, weil er als Außenminister der Weimarer Republik für eine europäische Verständigungspolitik eintrat, obwohl das im Ersten Weltkrieg militärisch geschlagene Deutschland damals unter harten Reparationen der Siegermächte zu leiden hatte. Auch in der Mülheimer Industrie mussten damals Doppelschichten gefahren und Löhne gesenkt werden, um die Reparationsforderungen Frankreichs und Belgiens erfüllen zu können.
Dennoch erkannten auch die Arbeiter die politische Gefahr, die am 24. Juni 1922 von dem Mord an Walther Rathenau für die noch junge deutsche Demokratie ausging. Deshalb traten 65.000 Arbeiter nach dem Mord in einen 24-stündigen Generalstreik. Viele Mülheimer kamen am 28. Juni zu einer Protest- und Gedenk-Kundgebung auf den Rathausmarkt, um gegen für die demokratische Republik von Weimar und gegen eine Machtübernahme der extremen Rechten zu demonstrieren. Dazu aufgerufen hatten nicht nur Rathenaus Mülheimer Parteifreunde von den linksliberalen Deutschen Demokraten, sondern auch Gewerkschaften, Sozialdemokraten und Kommunisten.
Am Tag nach der Demonstration empört sich sich die bürgerliche Mülheimer Zeitung darüber, dass Unbekannte den in den Ruhranlagen aufgestellten Mamorbüsten Bismarcks und Königin Luises die Köpfe abgeschlagen hätten. Der erste Reichskanzler und die preußische Königin, die als junge Prinzessin ihr Großmutter Marie-Luise Albertine von Hessen-Darmstadt auf Schloss Broich besucht hatte, gelten als Gallionsfiguren des deutschnationalen Bürgertum. das sich auch im Jahr Vier der Republik von Weimar nach der Wiederherstellung der Hohenzollern-Monarchie sehnt.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen