Samstag, 17. Juli 2021

Im Dienst der Sicherheit

 Den Mitarbeitern der Vollmergruppe kann man an vielen Stellen im Stadtgebiet begegnen. Sie patroullieren zum Beispiel durch Einkaufszentren, sind als Geldkurier unterwegs oder haben, als das noch möglich war, auch den Rosenmontagszug begleitet. Vor 75 Jahren begann die Erfolgsgeschichte der Vollmergruppe mit Wilhelm Vollmer, der damals den Westdeutschen Wachdienst gründete.

Heute ist die Vollmergruppe, die vom Gesellschafter Christian Vollmer und den Geschäftsführern Andreas Brink und Daniel Vollmer geleitet wird, nicht mehr nur ein Sicherheitsdienst. Auch Parkraumbewirtschaftung, Personaldienstleistungen, Notrufservice, eine Sicherheitsakademie  und Reinigungsdienste gehören zu ihrem Dienstleistungsangebot.

Vollmer findet seine privaten und gewerblichen Auftraggeber vor allem in Nordrhein-Westfalen, inzwischen aber auch bundesweit. An einer 2016 gegründeten Sicherheitsakademie werden Fachkräfte für Schutz- und Sicherheitsdienstleistungen ausgebildet.

Warum brauchen wir private Sicherheitsdienste? Wir haben doch die steuerfinanzierte Polizei und das Ordnungsamt. Christian Vollmers Hinweis darauf, dass es in Deutschland 267.000 private Sicherheitskräfte, aber nur rund 250.000 Polizeibeamte gibt, veranschaulicht die Bedeutung der gewerblichen Sicherheitsdienstleister.

Der frühere Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich hat die Sicherheit einmal als „Supergrundrecht“ bezeichnet. Damit wollte er deutlich machen, dass unsere Gesellschaft sozial und wirtschaftlich nur funktioniert, wenn sie sicher ist.

Wie sicher sind wir? Christian Vollmer sagt dazu: „Die Zahlen der Kriminalstatistik belegen, dass die Straftaten in Mülheim an der Ruhr in den zurückliegenden Jahren gesunken sind. Das betrifft vor allem Ladendiebstähle, Wohnungseinbrüche und Diebstähle aus Kraftfahrzeugen. Gründe dafür sind eine verbesserte Prävention, sodass durch mechanische und technische Sicherheitseinrichtungen nahezu 40% der versuchten Straftaten abgebrochen werden.“ Doch Vollmer warnt vor Illusionen, wenn er die andere Seite der Sicherheitsmedaille beschreibt. „Es darf nicht vergessen werden, dass durch die Corona-Pandemie viele organisierte, reisende Straftätergruppen vor allem aus Osteuropa aktuell nicht oder nur marginal in Deutschland auf Beutezug sind. Das wird sich wieder ändern, sobald die Pandemie nachlässt.“

Als Wilhelm Vollmer 1946 den Westdeutschen Wachdienst gründete, war Mülheim eine vom Krieg gezeichnete Trümmerstadt unter der Kontrolle der britischen Militärregierung. Die britische Besatzungsmacht wollte keine bewaffneten Deutschen auf den Straßen sehen. Selbst die örtliche Polizei musste anfangs ohne Waffen agieren. Umso argwöhnischer betrachtete sie den von Wilhelm Vollmer gegründeten Westdeutschen Wachdienst. Aus dem damals 48-jährigen Mitarbeiter eines Duisburger Wachdienstes wurde im Sommer 1946 der Inhaber eines Mülheimer Wachdienstes, der 1947 sein erstes Büro im Gewerkschaftshaus an der Friedrichstraße bezog und 1949 30 Mitarbeiter beschäftigte. Ein frühes Foto zeigt seine ersten Wachleute auf ihrer Tour mit Dienstfahrrad und Schutzhund. Seine ersten Angestellten waren arbeitsunfähige Bergleute und Arbeitslose, die bei Vollmer ein Auskommen fanden. Wilhelms 1935 geborener Sohn Manfred trat 1955 ins. väterliche Unternehmen ein, hinter dem mit Mutter Anni Hubertine Bertram eine starke Frau steht.

Christian Vollmers Vater Manfred, der seinen Vater 1980 in der Firmenleitung ablöste, hat der Festschrift zum Firmenjubiläum mit seinem Lebensmotto den Titel gegeben: „Leben und leben lassen!“ Zu Beginn der Festschrift wird der Seniorchef mit seinem Credo zitiert, das das Familienunternehmen zu dem gemacht hat, was es heute ist: „Ich finde, anständige Arbeit muss auch anständig bezahlt werden. Manche Unternehmer wollen nur verdienen, denken nicht an ihre Leute, die ihnen ja schließlich das Geld verdienen. Ich denke aber, wenn es der Masse gut geht, dann geht es mir auch gut. Immer leben und leben lassen.“

Sein Sohn Christian verdiente sich mit dem Waschen der Firmenfahrzeuge sein erstes Taschengeld und stieg, 1983 ins Familienunternehmen ein, das damals am Kassenberg saß. Seine Schwester Susan Vollmer verantwortet heute als Geschäftsführerin den Bereich Parking. Er kann sich daran erinnern, dass private Sicherheitsdienste in den 1980er und 1990er Jahren von der Polizei als „Konkurrenz im öffentlichen Raum“ angesehen wurden. Seitdem habe sich aber mithilfe eines intensiven Dialogs viel zum Besseren geändert. Heute sei man als Vollmergruppe „in der lokalen Sicherheitspartnerschaft mit Polizei und Ordnungsamt gleichberechtigt.“

Was Christian Vollmer heute umtreibt, wenn er an die Zukunft des Familienunternehmens denkt, ist der Personal- und Fachkräftemangel. Dazu sagt er: „Es wird zunehmend schwerer, flexibles Personal für die vielfältigen Kundenanfragen zu gewinnen. Die wechselnden Dienstzeiten und der Trend zur Work-Life-Balance passen nicht gut zusammen. Obwohl sich das Lohnniveau in den letzten Jahren erheblich verbessert hat, ist auch hier noch Luft nach oben. Jedoch muss man in Krisenzeiten berücksichtigen, dass man die wirtschaftlichen Möglichkeiten der Auftraggeber nicht aus den Augen verliert.“

Wer auf die Internetseite des Unternehmens schaut, ist überrascht, wie vielseitig die Personalausschreibungen sind. Da werden nicht nur ein Auszubildender zur Fachkraft Schutz und Sicherheit und eine Sicherheitsmitarbeiter, sondern auch Brandschutztechniker, Service-Disponenten, Reinigungskräfte und Entsorgungsmitarbeiter gesucht.

 Die Vollmergruppe

Die 1999 aus dem Westdeutschen Wachdienst heraus gegründete Vollmergruppe besteht heute aus 14 Firmen, die für mehr als 4000 Auftraggeber tätig sind und 1500 Menschen beschäftigen. Ihren Firmensitz hat die Gruppe, die über einen aus 148 Fahrzeugen bestehenden Fuhrpark verfügt,  an der Neckarstraße im 1927 eröffneten Speldorfer Rhein-Ruhr-Hafen.


NRZ/WAZ, 16.07.2021

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