Freitag, 5. Juni 2015

Was darf die Demokratie kosten? oder: Welche Rolle spielen Parteispenden für die Mülheimer Parteien?

Man kann nicht nur für den Kinderschutzbund oder den Tierschutzverein, sondern auch für eine politische Partei spenden. Es gibt in diesem Land Menschen und Unternehmen, die tun das reichlich und nicht immer ganz uneigennützig. Deshalb fordert der Dortmunder SPD-Bundestagsabgeordnete Marco Bülow, dass niemand in Deutschland pro Jahr mehr als 50.000 Euro an eine Partei spenden darf, um keinen zu großen Einfluss auf deren Politik zu erlangen. Parteispenden zu begrenzen ist für ihn eine vertrauensbildende Maßnahme mit Blick auf parteienverdrossene Bürger.

Wie halten es vor diesem Hintergrund die Mülheimer Parteien mit Parteispenden? „Ich habe mir noch keine dezidierte Meinung zu dem Vorschlag meines Fraktionskollgens gebildet“, sagt der Mülheimer SPD-Bundestagsabgeordnete Arno Klare, betont aber die Notwendigkeit von Parteispenden.

Seine Bundestags-Kollegin Astrid Timmermann-Fechter lehnt eine Begrenzung von Parteispenden ab, „weil das ein Eingriff in das persönliche Selbstbestimmungsrecht ist und jeder selbst entscheiden soll, weshalb und warum er welcher Partei wie viel spenden möchte.“ Sie glaubt, dass „nur ein intensiver Dialog zwischen Abgeordneten und Bürgern und nicht die Begrenzung von Parteispenden einer Entfremdung von Parlament und Bürgerschaft vorbeugen kann.“

Bevor Klare 2013 in den Bundestag einzog, führte er 15 Jahre lang die Geschäfte des Mülheimer SPD-Unterbezirks. „Ich hatte es damals in der Regel mit dreistelligen Spendenbeträgen einzelner Personen zu tun“, erinnert sich Klare. Diesen gleichbleibenden Trend bestätigt auch seine Nachfolgerin Yvonne Hartig: „Wir hatten in den letzten beiden Jahren keine Großspenden. Die meisten Spender kommen aus der Genossenschaft, wobei die Aufmerksamkeit für das, was die Partei tut und finanziell braucht, in Wahljahren immer größer ist“, unterstreicht Hartig, „Auch wir bekommen in der Regel nur dreistellige Spendenbeträge von Privatpersonen, die unsere Politik gut finden“, unterstreicht CDU-Parteigeschäftsführer Thomas Mehlkopf-Cao. „Manchmal kommt es aber auch vor, dass diese Sympathisanten und Spender auch Unternehmer sind und ihre Spende aus dem eigenen Betriebsvermögen entnehmen“, ergänzt Mehlkopf-Cao.

Ähnlich stellt sich die Situation für den Schatzmeister der FDP, Joachim Hoffmann, dar. „Große Spenden gehen in der Regel an die Landes- oder Bundespartei“, betont er. Hoffmann und seine CDU-Amtskollege Werner Oesterwind machen übereinstimmend die Erfahrung, „dass die Spenden in Wahlkampfjahren ansteigen, wenn man den Leuten konkrete Projekte anbieten kann.“

Diese Erkenntnis kann auch der Parteigeschäftsführer der Grünen, Reiner Neumann, unterstreichen. „Wir haben keine reichen Gönner. Wenn wir Spenden bekommen, dann kommen diese meistens aus den Reihen unserer politisch aktiven Mitglieder. Deshalb sind wir als kleine Partei mit derzeit 105 Mitgliedern auch ganz besonders auf die freiwilligen Spenden unserer Mandatsträger angewiesen“, sagt Neumann.

Genauso sieht es bei den Mülheimer Bürgerinitiativen (MBI) aus, die vor allem mit Hilfe der freiwilligenden Spenden ihrer Mandatsträger Rücklagen bilden, um in Kommunalwahljahren ihre Wahlkampfkosten bezahlen zu können. „Unser letzter Kommunalwahlkampf hat uns rund 17?000 Euro gekostet“, berichtet der MBI-Ratsherr Hans-Georg Hötger. Er kennt eigentlich nur einen externen Spender, der die MBI einmal pro Jahr mit einer Spende von 200 Euro unterstützt. „Dann schlagen wir einen Purzelbaum“, scherzt Hötger.

„Wenn wir Spenden bekommen, dann kommen sie nur aus dem Kreis unserer rund 60 Mitglieder und zehn Fördermitglieder. Von außen bekommen wir derzeit keine Spenden“, berichtet AFD-Ratsherr Lutz Zimmermann.

Grundsätzlich weisen die befragten Ortsparteien darauf hin, dass sie neben externen Spenden und Mitgliedsbeiträgen vor allem auf die Spenden ihrer Mandatsträger angewiesen sind, um nicht nur ihren Wahlkampf, sondern auch den Bürobedarf, den Druck von Informationsmaterial, die Mieten für ihre Geschäftsstellen und die Gehälter für ihre Mitarbeiter zu bezahlen.

Während die Grünen ihren Geschäftsführer in Mülheim zu 100 Prozent aus eigenen Mitteln bezahlen, wird die Geschäftsführerin der SPD, Yvonne Hartig, von der Landespartei bezahlt. Das gilt auch für ihren CDU-Kollegen Thomas Mehkopf. Dafür müssen SPD und CDU aber auch rund 80 bis 90 Prozent der Mitgliedsbeiträge an ihre Landes- und Bundesparteien abführen. Außerdem trägt die Mülheimer CDU rund 50 Prozent des Gehaltes ihres Parteigeschäftsführers.

Zahlen und Fakten:


SPD:
Jährliches Spendenvolumen 50.000 Euro. Die 17 Ratsmitglieder und 18 Bezirksvertreter spenden 30 Prozent ihrer Aufwandsentschädigung.

CDU:
Jährliche Spenden zwischen 40.000 und 50.000 Euro. Die 15 Ratsmitglieder und 17 Bezirksvertreter spenden 25 Prozent ihrer Aufwandsentschädigungen.

FDP:
Jährliche Spenden 2000 bis 5000 Euro. Jeweils drei Mandatsträger im Rat und in den Bezirksvertretungen spenden 30 Prozent ihrer Aufwandsentschädigungen (rund 12?000 Euro pro Jahr). Hinzu kommen Mitgliedsbeiträge von rund 10?000 Euro pro Jahr.

Grüne:
Spenden im Jahr 2013: 2900 Euro. 2014: 900 Euro. Mitgliedsbeiträge: 13?100 Euro (2013) und 12?600 Euro (2014). Sechs Rats- und sieben BV-Mitglieder spenden 75 Prozent ihrer Aufwandsentschädigungen. Das waren 2013 rund 44?000 Euro und 2014 rund ?43?000 Euro.

AFD:
2014 Spenden von rund 5000 Euro. 2 Rats- und 3 BV-Mitglieder spenden 20 Prozent ihrer Aufwandsentschädigungen.

MBI:
Die Mitglieder zahlen monatlich einen Beitrag von 3 bis 6 Euro. Die 4 Ratsmitglieder und 5 Bezirksvertreter spenden dem Bündnis ein Drittel ihrer Aufwandsentschädigungen. Externe Spenden: Jährlich rund 200 Euro.

Mitglieder:
SPD 2000, CDU 700, Grüne 105, FDP: 127, MBI 90, AFD 60.

Aufwandsentschädigung: Monatlich Rat: 347 + 17,80 Euro pro Sitzung; BVs: 183 bis 209 Euro.

Dieser Text erschien am 21. Mai 2015 in der Neuen Ruhr Zeitung

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