Mittwoch, 22. April 2015

Tina Bachmann: Die Frau mit dem Hockey-Gen

Hockey-Olympiasiegerin Tina Bachmann trainiert beim HTC Uhlenhorst eine Herren-Mannschaft aus der Bundesliga - als einzige Frau in Deutschland.

„Sie kenne ich doch vom HTC“, hört Tina Bachmann manchmal an ihrem Arbeitsplatz, der Hölterschule, wo sie als Grundschullehrerin unterrichtet. „Sie kenne ich doch aus der Schule“, hört sie manchmal, wenn sie am Uhlenhorstweg auf der Trainerbank sitzt.

Die 36-Jährige ist eine Ausnahmeerscheinung. Denn sie trainiert als einzige Frau eine Herren-Mannschaft aus der Hockey-Bundesliga. Und der mehrfache deutsche Meister und Europa-Pokalsieger HTC-Uhlenhorst ist ja nicht irgendeine Mannschaft.

Würde Bachmann keine Hockey,- sondern eine Fußballmannschaft trainieren, wäre es so, als ob eine ehemalige Nationalspielerin, wie Steffi Joenes, die Fußball-Herren des FC Bayern München oder von Borussia Dortmund trainieren würde.

Doch die ehemalige Hockey -Nationalspielerin Tina Bachmann, die zwischen 1998 und 2014 genau 214 Mal im Trikot der deutschen Hockey-Damen gespielt und mit ihnen zwei Europameisterschaften und eine olympische Goldmedaille gewonnen hat, ist als Bundesliga-Trainerin in ihrer Sportart Lichtjahre von der Medienpräsenz und dem Verdienst eines Fußball-Bundesligatrainers entfernt.

Das macht Bachmann weder traurig noch neidisch. Das Hockey-Gen hat sie von ihrem Vater Hans-Gerd Bachmann geerbt, der einst selbst in der Bundesliga und in der Nationalmannschaft spielte und heute die Geschäfte der Mülheimer Energiedienstleistungsgesellschaft Medl führt. „Das ist gut so, wie es ist. Denn auch wenn Hockey meine große Leidenschaft ist, die für mich, wie Essen, Trinken und Atmen zum Leben dazu gehört, hat mein Beruf als Lehrerin für mich doch absolute Priorität“, betont sie.

„Ich arbeite einfach gerne mit Kindern, weil sie so offen und direkt sind und weil es Freude macht zu sehen, wie man ihnen helfen kann, sich weiterzuentwickeln“, erklärt Bachmann, warum sie ihren Beruf im Klassenzimmer nicht missen möchte.

Ist man mit Blick auf das sprichwörtliche Kind im Manne als Grundschullehrerin vielleicht eine Idealbesetzung als Trainerin einer Herren-Mannschaft? Bachmann schmunzelt und formuliert es so: „Auch als Trainerin muss man Pädagogin und Psychologin sein und dabei immer das richtige Maß an Menschlichkeit und Härte mitbringen.“

Dass sie nicht nur als Nationalspielerin, sondern auch als langjährige Bundesliga-Spielerin mit Stationen beim HTC Uhlenhorst, beim Hockeyclub Raffelberg, bei Eintracht Braunschweig und beim Hockeyclub im niederländischen Eindhoven so manche sportlichen Höhen und Tiefen erlebt hat, sieht die heutige Bundesligatrainerin als natürlichen Vorteil. „Ich weiß doch genau, wie die Spieler sich fühlen, wenn sie sich auf ein Topspiel vorbereiten oder auch bei strömendem Regen auf dem Platz stehen müssen“, sagt Bachmann.

Schon als Spielerin wollte sie „nie nur Mitläuferin sein, sondern eine Führungsposition übernehmen und so einen wesentlichen Beitrag zum Erfolg leisten.“ Deshalb reizte sie auch die Herausforderung, als ihr HTC-Manager Horst Stralkowski im letzten Sommer das Angebot machte, die Nachfolge von André Henning anzutreten, der sein Traineramt bei den Uhlenhorster Hockey-Herren aus beruflichen Gründen aufgeben musste, obwohl er 2014 mit seinem Team die Deutsche Meisterschaft im Hallen-Hockey gewonnen hatte. „Schon beim ersten Gespräch mit dem Manager und dem Mannschaftsrat habe ich gemerkt, dass wir die gleichen Vorstellungen und Ziele haben. Deshalb wollte ich das unbedingt ausprobieren“, erinnert sich Bachmann. Und die gemeinsamen Ziele sind hoch 

Der 17-köpfige Kader des HTC-Uhlenhorst, der wöchentlich zwei bis drei Trainingseinheiten und ein Spiel absolviert, soll und will sich unter die Top-4 der Bundesliga spielen und perspektivisch auch einen deutschen Meistertitel gewinnen. Dass das realistisch ist, weil sich die Zusammenarbeit zwischen den Hockey-Herrn und ihrer Trainerin gut eingespielt hat, zeigt der jüngste Gewinn des Europa-Pokals im Hallen-Hockey. „So ein Erfolg gibt natürlich Selbstvertrauen und spornt an“, freut sich Bachmann. Deshalb kann sie über gelegentliche Nachfragen, wie: „Haben die Jungs auch Respekt vor dir und nehmen sie dich ernst?“, nur milde lächeln.

„Respekt ist keine Einbahnstraße. Den muss man sich immer erarbeiten“, sagt Bachmann. Und so gibt sie als Trainerin heute das an ihre Spieler weiter, was sie selbst als Spielerin erlebt und erfahren hat. „Man muss an sich arbeiten, damit das eigene Talent zum Tragen kommen kann. Dabei muss man auch Fehler wegstecken und sich immer wieder auf die nächste Aktion konzentrieren, weil ein Spiel immer bis zur letzten Minute noch gedreht werden kann.“

Dieser Text erschien am 11. April 2015 in der Neuen Ruhr Zeitung

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