Freitag, 10. Oktober 2014

Wie nah sind sich die Religionen? Eine Umfrage zum christlich-muslimischen Dialog

Am Tag der Deutschen Einheit, öffnen die islamischen Gemeinden ihre Moscheen, um mit interessierten Mülheimern aller Religionen ins Gespräch zu kommen. Doch wie ist es um den christlich-muslimischen Dialog im Alltag bestellt? Auf der Suche nach der Antwort auf diese Frage stößt man unter anderem auf das Bündnis der Religionen für den Frieden, das 2006 ins Leben gerufen wurde. Ulrike Welting, evangelische Pfarrerin am Berufskolleg Stadtmitte, Markus Zaja aus der katholischen Gemeinde St. Mariae Geburt und Sayed Siam von der Hamza-Moschee berichten von einer interreligiösen Stadtrundfahrt, von einer Nacht der offenen Gotteshäuser, von gegenseitigen Einladungen zu religiösen Festen, von einer interreligiösen Veranstaltung zum Thema Frieden, die im letzten Dezember an der Friedenstreppe zum Kirchenhügel stattfand oder von einer im November geplanten Lesung in der Buchhandlung Fehst.

Doch: Von aktuellen Begegnungen und Kontakten auf der Gemeindeebene können sie nicht berichten. „Das ist problematisch, liegt aber daran, dass die meisten Gemeinden zu viel mit sich selbst zu tun haben“, sagt Zaja. „Da haben wir Nachholbedarf“, räumt auch der katholische Stadtdechant Michael Janßen ein. Dabei sieht er auf der Stadtebene ein friedliches Zusammenleben der Religionen und auf allen Seiten „eine große Offenheit für den Dialog, der zum Beispiel bei den Neujahrsempfängen gepflegt wird.“ Er selbst ist schon von islamischen Gemeinden zum Fastenbrechen eingeladen worden. Und der ehemalige Vorsitzende des Integrationsrates, Enver Sen, sieht es als gutes Zeichen, dass die Vorbeter der islamischen Gemeinden von der katholischen Kirche zu ihrem Barbaramahl eingeladen werden.

„Gerade in dieser Zeit muss da etwas gemacht werden, um für mehr Verständigung zwischen den Religionen zu sorgen“, bekennt sich der stellvertretende Gemeindevorsitzende der Ulu Moschee, Ahmed Gassa, zu einer Intensivierung des Dialogs und der Kontakte zwischen den Religionsgemeinschaften. Auch Najim Mokadem von der Hamza Moschee und Gemeindevorstand Emre Kürklü vom Türkischen Kulturzentrum an der Neustadtstraße sind für solche Kontakte offen, die sie nur aus personellen und organisatorischen Gründen nicht zustande kommen sehen. Auch der katholische Pfarrer Manfred von Schwartzenberg (St. Barbara) und die evangelische Pfarrerin Dagmar Tietsch-Lipski aus der Lukasgemeinde können sich an frühere Kontakte und Begegnungen mit islamischen Gemeinden in Styrum und Eppinghofen erinnern, die aber in dem Moment einschliefen, als ihre jeweiligen Organisatoren Mülheim verließen. Immerhin wurde der Styrumer Pfarrer Michael Manz im Juni mit einer Gemeindegruppe von der Moschee an der Feldstraße zum Fastenbrechen eingeladen und führte ein Kennenlerngespräch mit einem Styrumer Hodscha.

Pfarrerin Alexandra Cordes aus der evangelischen Gemeinde Speldorf weiß von einem Frauengesprächskreis zu berichten, in dem sich regelmäßig christliche und muslimische Frauen trafen. Er lief aber Ende 2013 nach sechs Jahren aus, „weil man sich inzwischen so gut kennengelernt hatte, dass längst private Verbindungen entstanden waren, die den Gesprächskreis überflüssig gemacht hatten.“ Zwar denken Cordes und ihre Gemeinde über ein Nachfolgeprojekt nach, haben aber noch nichts Konkretes geplant.

Pfarrer Helmut Kämpgen und Pastor Michael Clemens aus Eppinghofen berichten von einer interreligiösen Jahresabschlussfeier, die immer vor Weihnachten in der Max-Kölges-Schule an der Bruchstraße stattfindet. Sie hat, wie Kämpgen sagt, „viele Berührungsängste abgebaut und gezeigt, dass es nicht nur Gegensätze, sondern auch viele Gemeinsamkeiten zwischen dem Christentum und dem Islam gibt.“

Dieser Text erschien am 2. Oktober 2014 in der Neuen Ruhr Zeitung

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