Montag, 27. Oktober 2014

Altersarmut ist für die Deutsche Rentenversicherung Rheinland eine Frage der Arbeitsmarktpolitik, die nur der Gesetzgeber beantworten kann

Die Rente ist sicher“, behauptete einst Bundesarbeitsminister Norbert Blüm. Doch wie bekommt man eigentlich Rentenansprüche und wie sicher sind sie, wenn der demografische Wandel dazu führen wird, dass die Zahl der Rentner zunehmen und die Zahl der Beitragszahler abnehmen wird. Dazu befragte ich für die NRZ den Sprecher der Deutschen Rentenversicherung Rheinland (DRV), Jochen Müller, der Rentenrecht studiert und viele Jahre als Berater der DRV gearbeitet hat.

Frage: Ist Altersarmut in Ihren Beratungsgesprächen ein Thema?

Antwort: Eigentlich nur vereinzelt. Denn die meisten Anfragen, die wir zurzeit in unseren Beratungsstellen bearbeiten, kommen von rentennahen Jahrgängen aus der Generation 50 plus. Sie drehen sich vor allem um die Fragen: Kann ich mit 63 in Rente gehen? und: Bekomme ich eine Mütterrente? Wir werden natürlich auch mit der Frage konfrontiert, wie sich Zeiten der Arbeitslosigkeit auf die persönlichen Rentenansprüche auswirken.

Frage: Werden Zeiten der Arbeitslosigkeit denn auf den Rentenanspruch angerechnet?

Antwort: Das gilt nur für kurze Zeiten der Arbeitslosigkeit. Wenn jemand nur ein Jahr arbeitslos ist und Arbeitslosengeld I bezieht, werden weiterhin 18,9 Prozent seines Arbeitslosengeldes in die Rentenversicherung eingezahlt. Aber wenn jemand länger als ein Jahr arbeitslos ist und ins Arbeitslosengeld II abrutscht, werden dafür keine Rentenbeiträge mehr eingezahlt.

Frage: Wie sicher wird die Rente in Zukunft sein, wenn sich der demografische Wandel verschärft?

Antwort: Die Deutsche Rentenversicherung Rheinland wird 2015 125 Jahre bestehen. Sie hat auch die Weltwirtschafts- und Finanzkrise von 2008/2009 unbeschadet überstanden. Deshalb halten wir auch weiterhin am Generationenvertrag und an der Umlagefinanzierung der Renten fest. Ich gebe aber zu, dass eine Alterssicherung, die nur auf die gesetzliche Rente baut, schwierig wird, wenn sie nicht um die beiden anderen Säulen, die privaten Altersvorsorge und die Betriebsrenten, ergänzt wird. Der Gesetzgeber hat einen Nachhaltigkeitsfaktor eingebaut, der das Rentenniveau bis 2030 auf 43 Prozent des letzten Arbeitseinkommens absenkt, um zu verhindern, dass der Rentenversicherungsbeitrag auf über 22 Prozent des Bruttolohnes steigt.

Frage: Ist dieser Nachhaltigkeitsfaktor verbunden mit dem zunehmenden Anteil der Menschen, die über längere Zeiten ihres Arbeitslebens arbeitslos, prekär beschäftigt oder schlecht bezahlt waren, nicht sozial ungerecht, weil so Altersarmut programmiert wird?

Antwort: Das ist keine Frage der Rentenversicherung, sondern der Arbeitmarktpolitik. Dieses Problem kann nicht von der Rentenversicherung, sondern nur vom Gesetzgeber gelöst werden.

Frage: Wie kommt man zu Rentenansprüchen und welche Zeiten werden angerechnet?

Antwort: Wer mindestens fünf Jahre Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlt, kann eine gesetzliche Rente bekommen. Das aktuelle Renteneintrittsalter liegt derzeit bei 65 Jahren und drei Monaten und wird bis 2030 auf 67 Jahre angehoben. Wer später oder früher in Rente geht, muss mit individuellen Ab- oder Aufschlägen rechnen. Grundsätzlich gilt: Wer als Auszubildender oder als Angestellter gemeinsam mit seinem Arbeitgeber aktuell 18,9 Prozent seines Bruttolohns in die Rentenversicherung einzahlt, bekommt dafür sogenannte Entgeltpunkte auf seinem Rentenkonto gut geschrieben, die jeweils einkommensabhängig sind. Am Ende des Berufslebens wird die Gesamtzahl der Entgeltpunkte mit dem Rentenwert, der von der Bundesregierung (aktuell auf 28,61 Euro) festgelegt ist, multipliziert. Neben Erwerbszeiten werden aber auch Ausbildungs- und Erziehungszeiten auf den Rentenanspruch angerechnet. Für Kinder, die vor 1992 geboren wurden, können pro Kind 24 Monate als Erziehungszeit geltend gemacht werden. Bei Kindern, die nach 1992 geboren wurden, können insgesamt 36 Monate als Erziehungszeiten angerechnet werden. Als Ausbildungszeiten werden seit 1992 nur noch drei berufsvorbereitende Ausbildungsjahre anerkannt, die nach dem vollendeten 17. Lebensjahr begonnen haben.

Frage: Kann man auch freiwillig in die Rentenversicherung einzahlen, um seine Rentenansprüche zu erhöhen?

Antwort: Ja, man kann monatlich zwischen 85,05 und 1124,55 Euro freiwillig einzahlen. Das macht in der Regel aber nur dann Sinn, wenn man damit Rentenlücken von wenigen Monaten schließen kann. Ansonsten macht eine private Altersvorsorge mehr Sinn.

Dieser Text erschien am 15. Oktober 2014 in der Neuen Ruhr Zeitung

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Augen auf bei der Berufswahl

  Was soll ich werden? Bei dieser lebensentscheidenden Frage, die man sie sich vor dem Schulabschluss zwangsläufig stellen muss, bekamen etw...