Ein Saal mit gut 1000 begeisterten Jecken, die vom
ersten bis zum letzten Programmpunkt mitgehen. Das gibt es nur bei der Seniorensitzung,
die gestern zum 44. Mal im Theatersaal der Stadthalle über die Bühne ging. „Das
ist wirklich eine tolle Nummer. So was haben wir noch nicht erlebt“, schwärmt
Kinderprinz Jason, nach dem die reifen Jecken die Kindertollitäten für ihr
„Heidewitzka Herr Kapitän. Mit dem Mülheimer Bötchen fahren wir so gern“
gefeiert haben und Stadtprinz Gilbrecht Geburtstagskind Ingrid Hegemann (85)
hat hoch leben lassen.
Auch Bürgermeisterin Renate aus der Beek lässt es sich trotz Erkältung und
Heiserkeit nicht nehmen die närrischen Senioren für ihr vorbildliche
Karnevalitis zu loben. „Die Stimmung ja jetzt schon toll. Wie soll das bloß
weitergehen?“
Weiter geht es unter anderem mit flotten Tanzeinlagen der Knattsch-Gek-Junioren
und Houltköpp-Mariechen Kassandra Hrnecek, die sich vor ihrem Auftritt direkt
an den Sitzreihen der reifen Jecken vorbei auf die Bühne tanzen. Dass
Sitzungspräsident Heino Passmann die 17-jährige Hrnecek als „alten Hasen“ lobt,
wirkt angesichts des betagten Publikums jenseits der Rentengrenze schon
komisch, bekommt aber Sinn, wenn man von Kassandras Mutter Michaela erfährt,
dass ihre Tochter schon mit zwei Jahren als Tanzmariechen auf der Bühne
gestanden hat, „weil Tanzen für sie das Größte ist, vor allem wenn sie damit
anderen eine Freude machen kann.“
Freude kommt auch auf, als Ingrid Kühne als „Putzfrau“ in die Bütt geht und
über ihre Leben mit Mann, Mutter und einem pubertierenden Sohn berichtet und
dabei kein Blatt vor den Mund nimmt. Entsetzt hört sie zum Beispiel von ihrem
Sven, „dass Oma und Opa nix an hatten“, als er sie besucht habe. „Sven, lüg
mich nicht an. Das kann doch gar nicht sein.“ Doch Sven weiß es besser: „Die
hatten wirklich die ganze Zeit nix an, kein Fernsehen, kein Radio, keinen
Computer.“
Nix anbrennen ließen dann auch die drei reifen Sänger von Blom und Blömcher,
die nicht nur mit „An Tagen wie diesen, wünscht man sich Unendlichkeit“, bei
ihrem Publikum den richtigen Ton trafen und für bewegte Begeisterung auf den
Rängen sorgten.
Dieser Text erschien am 18. Februar 2014 in NRZ und WAZ
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