Mittwoch, 15. Mai 2013

Tue Gutes und sprich darüber: Wie der Jugendstadtrat zu neuem Leben erweckt werden könnte

Warum haben sich für die 18 Sitze im Jugendstadtrat bisher nur neun Kandidaten gefunden? Wissen die Wahlberechtigten zu wenig über das Jugendparlament? Oder wollen sie am Ende vom Jugendstadtrat gar nichts wissen, weil ihnen unklar ist, welche Kompetenzen der Jugendstadtrat hat? Wer mit Schulleitern und SV-Lehrern an weiterführenden Schulen darüber spricht, muss feststellen, dass noch besser und regelmäßiger über den Jugendstadtrates informiert werden müsste.

Anfang Mai hatte das Gymnasium Broich zu einer Info-Veranstaltung mit dem für das Gremium zuständigen Jugendamtsmitarbeiter Ingolf Ferner eingeladen. „Das ist bei den Schülern zwar ganz gut angekommen. Noch besser wäre es aber gewesen, wenn bei dieser Gelegenheit auch ein Jugendstadtrat über seine Arbeit berichtet hätte“, sagt Schulleiter Ralf Metzing. Auch die SV-Lehrerin des Gymnasiums Heißen, Johanna Domin, glaubt: „Wenn Schüler einen Jugendlichen erleben, der dort mitarbeitet, sie ihn womöglich nett finden, dann könnte das Barrieren abbauen. Vielleicht sagen sie dann: Da gehe ich mal hin.“

Schulleiter Metzing würde es begrüßen, „wenn die Informationen uns nicht erst kurz vor der Wahl, sondern kontinuierlich erreichten.“

Das sieht auch der SV-Lehrer der Willy-Brandt-Schule, Ferry Dave Jäckel, so. „Man müsste mehr über den Jugendstadtrat wissen und mehr davon hören, wo und wie er Einfluss nimmt. Seine Themen kommen nicht an“, bedauert Jäckel. Er muss aber auch einräumen, „dass wir bei der Wahl im November 2012 nicht noch mal aktiv nachgehakt haben.“ Damals kam das Angebot für eine Infoveranstaltung einfach zu kurzfristig.

Judith Koch, Rektorin der Realschule Mellinghofer Straße, erinnert sich dagegen, dass sie zweimal Interesse an einer Veranstaltung signalisiert hatte, der Jugendstadtrat diese aber aus organisatorischen Gründen nicht realisieren konnte.

Am Karl-Ziegler-Gymnasium, an der Luisenschule und der Otto-Pankok-Schule fanden jeweils im vergangenen Jahr solche Zusammenkünfte statt. An der Realschule Broich steht nun eine entsprechende Veranstaltung am kommenden Dienstag auf dem Stundenplan.

Die Erinnerung des Direktors der Luisenschule ist ambivalent: „Das war eigentlich ein Teilerfolg. Denn nach der Veranstaltung haben sich bei uns einige Bewerber gemeldet. Doch leider kamen ja dann zu wenige Kandidaten zusammen, so dass die Wahl dann verschoben werden musste“, so Bernd Troost.

Erst vor wenigen Tagen hat er noch bei einer Vollversammlung der Jahrgangsstufe 9 über den Jugendstadtrat informiert. „Es geht darum, Schüler, von denen man im Jugendstadtrat dann auch noch einige Jahre etwas haben kann, persönlich anzusprechen und davon zu überzeugen, dass wir die Verpflichtung haben, die demokratischen Möglichkeiten, die uns geboten werden, auch zu nutzen.“

Doch  Troost ist sich mit seinem Styrumer Lehrerkollegen Jäckel angesichts von Ganztagsschule und Schulzeitverkürzung auch einig, dass die Bereitschaft der Schüler eher gering ist, sich neben dem Unterricht auch noch im Jugendstadtrat zu engagieren.

An allen angefragten Schulen versichert man, die offiziellen Wahlinformationen der Stadt an Schüler und Schülervertreter weitergeleitet zu haben. An den meisten Schulen gehen die Leiter davon aus, dass das Thema auch im Politikunterricht unter dem Kapitel „Möglichkeiten demokratischer Teilhabe“ behandelt werde.

Doch Troost räumt ein, dass Politik nicht in jedem Jahrgang der Sekundarstufe 1 auf dem Stundenplan stehe. Und die SV-Lehrer Jäckel und Domin gehen sogar davon aus, dass der Jugendstadtrat als Thema im Politikunterricht angesichts prall gefüllter Lehrpläne eher den Kürzeren ziehe und im Zweifel vielleicht eher über die Möglichkeiten einer Schülervertretung als eines Jugendstadtrates gesprochen würde.

„Dabei wäre ein Jugendstadtrat“, so räumt Jäckel ein: „für die Demokratie eigentlich wichtig.“

Der Jugendstadtrat wurde erstmals 2006 für zwei Jahre gewählt. Er vertritt die Interessen von Kindern und Jugendlichen und hat Rederecht im Rat der Stadt. Bei der letzten Wahl 2010 standen 29 Mandate zur Wahl. Die Wahlbeteiligung lag bei 12,9 Prozent. Wählbar und wahlberechtigt für den auf 18 Mandate reduzierten Jugendstadtrat sind Jugendliche zwischen 14 und 21 Jahren.

Kandidaten können sich noch bis zum 27. Mai (18 Uhr) bei Lea Baumgarten (Ruf: 455-3032) vom Amt für Rechts- und Ratsangelegenheiten im Rathaus-Raum B111 (Markteingang) melden. Weitere Infos unter www.muelheim-ruhr.de Der Jugendstadtrat hat unter: jsr.muelheim-ruhr.de auch eine Internetseite und eine Facebook-Gruppe. Die bisherigen Projekte und Initiativen reichen vom Rockkonzert und Jugendkongress über eine Anti-Mobbing-Konvention bis zur Erstwählerinformation. Ansprechpartner für Infoveranstaltungen und Materialien: Ingolf Ferner, ?Ruf: 0208/455-4531

Der 17-jährige Simon Löwenberg aus der elften Jahrgangsstufe der Gustav-Heinemann-Schule ist einer der bisher neun Kandidaten für den Jugendstadtrat. Er sagt: „Ich bin eigentlich erst durch die Zeitung auf den Jugendstadtrat aufmerksam geworden. Erst war ich gar nicht daran interessiert. Aber dann ist mir klar geworden, dass man nicht nur meckern kann, sondern sich auch selbst einbringen muss, wenn etwas besser werden soll. Die wichtigste Aufgabe des Jugendstadtrates ist meiner Ansicht nach, den Jugendlichen im Rat eine Stimme zu geben und so den Kontakt zwischen Jugendlichen und Kommunalpolitikern herzustellen. Wir müssen als Jugendliche zeigen, dass wir Teil der Gesellschaft sind. Der Jugendstadtrat darf nicht nur Veranstaltungen organisieren, sondern muss auch wichtige Themen ansprechen. Ich denke dabei zum Beispiel an die Schwierigkeiten beim Zentralabitur oder auch an die Frage, wie man respektvoller miteinander umgehen kann.“


Dieser Text erschien am 14. Mai 2013 in der Neuen Ruhr Zeitung

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