Dienstag, 13. November 2012

So gesehen: Wie das harte Brot der frühen Jahre die Phantasie anregte und die Dankbarkeit für unser tägliches Brot gefördert hat

Wenn Erwin Hollman heute seinen 70. Geburtstag feiert, wird er das natürlich mit einigen Leckerbissen tun. Als jemand, der im Zweiten Weltkrieg geboren wurde, kennt der pensionierte Druckermeister, den viele noch als Stadtprinz aus der Session 1999/2000 oder als CDU-Kommunalpolitiker und Mitgründer der Interessengemeinschaft Styrumer Geschäftsleute kennen, auch noch Zeiten, als hierzulande Schmalhans Küchenmeister war.

„Ich möchte ein Butterbrot haben. Es darf auch ein trockenes sein“, bat er als Knirps in den Nachkriegsjahren seine Mutter und erinnert sich daran, dass sein Vater Karl zum Hamstern nach Westfalen fuhr. Dass das tägliche Brot keine Selbstverständlichkeit ist, zeigt ihm auch ein kleines Kochbuch mit rund 150 Rezepten von Königsberger Klopsen über Bohneneintopf mit Hering bis zur Mailänder Torte. Das besondere an dem Kochbuch, das Karl Hollmann während der Kriegsgefangenschaft 1945/46 mit Kopierstift fein säuberlich auf Toilettenpapier schrieb, ist die Tatsache, dass es entstand, als man Lebensmittel nicht mal eben in Supermarkt einkaufen konnte. Es sind eben immer die unerfüllten Wünsche, die unsere Phantasie am meisten beflügeln.

Wenn es heute um die Wurst und arme Würstchen geht, dann ist meist vom Geld die Rede, das nicht nur in der Stadtkasse fehlt. Deshalb würde es mich gar nicht wundern, wenn herauskäme, dass unser Stadtkämmerer in seiner Freizeit seine liebsten Euro-Banknoten-Motive zeichnet, natürlich nicht auf Toilettenpapier, sondern auf die Rückseiten ausrangierter Einsparvorschläge.

Dieser Beitrag erschien am 22. Oktober 2012 in der NEUEN RUHR ZEITUNG 

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