Mittwoch, 5. Oktober 2011

Werner Gilles: Ein Maler aus Mülheim wird 50 Jahre nach seinem Tod vom Kunstmuseum Alte Post mit einer Ausstellung geehrt:



Träumender und Sehender. Unter diesem Titel präsentiert das Kunstmuseum in de Alten Post von Sonntag, 9. Oktober, bis zum 8. Januar eine Werkschau des Malers und Grafikers Werner Gilles (1894-1961), der zu den Meistern der klassischen Moderne gehört. Im Vorfeld der Ausstellung sprach ich für die NRZ mit dem 1925 in Mülheim geborenen Gilles-Neffen Klaus Kleinheisterkamp über den Maler und dessen Verhälsnis zu Mülheim.






Welche Beziehung hatte Ihr Onkel zu Mülheim?



Er ist als Fünfjähriger zusammen mit seinen Eltern nach Heißen gekommen, wo sein Vater als Volksschullehrer unterrichtete.Frage: Wie stark war seine Bindung an die Stadt?Antwort: Er hat bis zum Ersten Weltkrieg in Mülheim gelebt, ehe er dann 1914 Soldat wurde. Später hat er zwar nicht mehr hier gelebt, war aber immer wieder in Mülheim zu Besuch und hat sich auch selbst immer als Mülheimer gesehen. Auch die Entwicklung seiner alten Schule, des Staatlichen Gymnasiums, das heute den Namen Otto Pankoks trägt, interessierte ihn sehr. Deshalb hat er in Mülheim nicht nur uns, sondern immer wieder auch seinen alten Kunstlehrer Borgmann besucht.






In welcher Beziehung standen Werner Gilles und Otto Pankok?



Dazu kann ich aus eigener Kenntnis nur wenig sagen. Ich weiß, dass sie Klassenkameraden am Staatlichen Gymnasium waren und während der 20er Jahre mehrfach gemeinsam in Frankreich waren. Später hat es dann aber eine Verstimmung zwischen ihnen gegeben, über deren Ursache ich aber nichts herausfinden konnte. Ich weiß aber, dass mein Onkel Otto Pankok als Maler sehr geschätzt hat, auch deshalb, weil Pankok, wie er selbst, unter den Nazis als „entarteter Künstler“ galt.






Wie sah Gilles die Nationalsozialisten?



Er war Kriegsfreiwilliger im Ersten Weltkrieg. Das entsprach dem damaligen deutschnationalen Zeitgeist. Auch als Student am Bauhaus war er noch deutschnational eingestellt, hat sich dann aber Ende der 1920er Jahre vom Gedanken des starken Deutschtums entfernt. Den Nationalsozialismus hat er von vorneherein abgelehnt, weil er immer wieder sagte: „Das kann nur Krieg geben.“ Während der NS-Zeit wurden einige seiner Bilder vernichtet. Er durfte nicht ausstellen und bekam kein Arbeitsmaterial. Doch er hatte Freunde, die ihm immer wieder ein Bild abgekauft und ihn somit unterstützt haben.






In welcher Beziehung stand Gilles zur Industriellenfamilie Stinnes?



Edmund Stinnes, der älteste Sohn von Hugo Stinnes senior und Bruder von Hugo Stinnes junior, war ein Klassenkamerad und Freund. Er hat ihm bereits nach dem Abitur 1913 ein Stipendium verschafft, das dann zwar durch den Ersten Weltkrieg unterbrochen wurde, mit dessen Hilfe er dann allerdings in den 20er Jahren am Bauhaus in Weimar und Dessau studieren konnte.






War Ihr Onkel als Künstler auch in seiner alten Heimat angesehen?



Werner Gilles hat seine große Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg erlebt. Ab 1948 hat er viele Bilder verkaufen können. Da war er dann auch finanziell gut gestellt, blieb aber weiter bescheiden. Wenn er während des Winters nach Mülheim kam, hat er sehr stark mit dem damaligen Museumsdirektor Werner Kruse und dem Kunstpädagogen Johannes Rickert zusammengearbeitet. Diese beiden haben sich immer wieder dafür eingesetzt, dass das städtische Museum für seinen Bestand auch Werke Mülheimer Künstler erwarb.






Was macht Ihren Onkel in Ihren Augen zu einem großen Maler?



In den 20er Jahren wurde er sehr stark von den neuen Klassikern wie Erich Heckel, Franz Marc und anderen beeinflusst. Später hat er sich dann selbstständig gemacht und nach dem Krieg auch sehr stark mystisch, religiös und durch die Insel Ischia inspiriert gemalt. Er hat immer versucht, den Gegenstand, den er malte, noch etwas mit zu erfassen und dann doch zu abstrahieren. Das ist, was ihn einmalig macht. Es gibt eigentlich keine Schule, die vergleichbar ist.






Dieser Beitrag erschien am 4. Oktober 2011 in der NRZ

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