Schwerbehindert. Das Wort klingt nach Leistungsunfähigkeit. Vielleicht liegt es daran, dass der Landschaftsverband Rheinland (LVR) zu dem Ergebnis kommt, dass 80 Prozent aller Unternehmen in seinem Bereich ihre gesetzliche Verpflichtung nicht erfüllen, nämlich mindestens fünf Prozent ihrer Arbeitsplätze an Menschen mit Behinderung zu vergeben. Lieber zahlen sie eine entsprechende Ausgleichsabgabe und kaufen sich von ihrer Verpflichtung frei. Der Anteil der Mitarbeiter mit Behinderung liegt in der freien Wirtschaft landesweit gerade mal bei 4,3 Prozent, während im öffentlichen Dienst immerhin 6,6 Prozent aller Beschäftigten ein Handicap haben.
Doch es gibt auch in der freien Wirtschaft Ausnahmen von dieser unrühmlichen Regel. Eine von ihnen ist der Mülheimer Unternehmer Bernd Fleskes. Der 50-Jährige, der selbst einen behinderten Schwager hat, betreibt im Hafen eine Firma für Behältermanagement und Verpackungslogistik. Drei seiner zwölf Mitarbeiter, also 25 Prozent sind schwerbehindert. Einer von ihnen arbeitete zuvor in einer beschützenden Werkstatt und absolviert jetzt bei ihm mit Aussicht auf Erfolg eine Ausbildung zum Fachlageristen. Er schaffte damit den Sprung auf den ersten Arbeitsmarkt. Zwei weitere Mitarbeiter von Fleskes sind körperbehindert. „Sie sind alle sehr glücklich, dass sie mit ihrer Arbeit ihr Leben selbstständig gestalten können und sind deshalb auch besonders leistungsbereit und zuverlässig“, lobt Fleskes seine behinderten Mitarbeiter.
Sein Vorbild empfiehlt der LVR zur Nachahmung und verlieh Fleskes jetzt das Prädikat „behindertenfreundlicher Arbeitgeber.“ Er selbst weiß, was er an seinen Kollegen mit und ohne Handicap hat. „Wir verstehen unseren Betrieb als ein Unternehmen mit sozialem Anspruch“, betont Fleskes. Aber auch in der betriebswirtschaftlichen Praxis hat sich sein Vertrauen in seine gehandicapten, aber leistungsbereiten Mitarbeiter ausgezahlt. „Wir arbeiten sehr gerne mit unseren Mitarbeitern mit Behinderung zusammen. Denn wenn die Rahmenbedingungen auf die persönlichen Bedürfnisse der Mitarbeiter abgestimmt sind, haben alle Freude an der Arbeit und liefern gute Qualität“, versichert Fleskes und macht so seinen skeptischen Unternehmerkollegen Mut, seinem Beispiel zu folgen.
Auch die bei Arbeitgebern weit verbreitete Furcht vor unkalkulierbaren finanziellen und rechtlichen Risiken kann er aus seiner Erfahrung nicht bestätigen.Er selbst musste aus betriebsbedingten Gründen schon einmal zwei gehörlosen Mitarbeiterinnen kündigen und bekam das vom LVR nach einer entsprechenden Begründung auch genehmigt. „Ich bin dort gut aufgehoben“, erklärt Fleskes mit Blick auf die fachliche Beratung und finanzielle Unterstützung, die ihm vom LVR, sowie vom Sozial- und Integrationsamt zuteil geworden ist.
Weitere Arbeitgeberfragen zu den rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen der Einstellung eines schwerbehinderten Mitarbeiters beantwortet Frank Spiller von der Fürsorgestelle beim Sozialamt unter der Rufnummer: 4 55 -50 62
Dieser Beitrag erschien am 14. Oktober 2011 in der NRZ
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