Sonntag, 24. Dezember 2023

Blick ins Heilige Land

Weihnachten 2023 ist leider nicht nur im Heiligen Land kein Fest des Friedens. 

Mit einem Schwarz-Weiß-Denken kann man den Nahost-Konflikt nicht begreifen, geschweige denn lösen. Das begreift man wenn man mit Dr. Ribhi Yousef über eben diesen Konflikt der nun schon 75 Jahre wert ins Gespräch kommt. Angesichts des Terroraktes in der Hamas vom 7 Oktober 2023 gibt es auch im Gespräch mit dem 67-Jährigen Chemiker, der als Sohn einer liberalen muslimischen Familie im Westjordanland geboren worden ist und seit 1977 in Deutschland lebt, keine zwei Meinungen. 

Die Abscheulichkeit und Menschenverachtung der Gräueltaten vom 7 Oktober stehen für den Vizepräsidenten der Deutsch-Palästinensischen Gesellschaft außer Frage. Auch wenn seine Gesellschaft den Terrorakt der Hamas auf ihrer Internetseite: www.dpg-netz.de verurteilt hat, wird Yousef nachdenklich, wenn er mit der Forderung konfrontiert wird, dass sich alle Palästinenser vom Hamas-Terror distanzieren müssen, weil das in seinen Augen suggeriert, dass alle Palästinenser mit der Hamas sympathisieren würden. "Das Gegenteil ist aber der Fall. Nur die wenigsten haben Sympathien für Hamas", sagt Yousef. 

Der Terrorakt der islamistischen Organisation, die seit 2006 den Gazastreifen regiert und die ebenso verheerende Reaktion der israelischen Armee können nach seiner Ansicht keinen Frieden, sondern nur zum Entstehen neuer Gewalt und zu neuem Extremismus führen. "Gewalt und Extremismus sind aber kein Teil der Lösung, sondern ein Teil des Problems", unterstreicht Yousef, der bis zu seiner Pensionierung beim Umweltamt der Stadt Duisburg gearbeitet hat und seit 40 Jahren mit einer deutschen Frau verheiratet ist. 

In der Zivilgesellschaft nimmt Yousef die Bereitschaft wahr, "das Problem so differenziert und komplex zu betrachten, wie es ist, während die Regierungspolitik auf deutscher und israelischer Seite leider sehr einseitig zu Lasten der Palästinenser agiert." Wer den Nahostkonflikt wirklich friedlich lösen will, davon ist Ribhi Yousef überzeugt, "muss nicht nur das Unrecht das islamistischen Terrorismus, sondern auch das Unrecht der israelischen Besatzungs- und Siedlungspolitik in den palästinensischen Gebieten überwinden." Entscheidend ist für ihn, "dass Israelis und Palästinenser auf Augenhöhe miteinander ins Gespräch kommen und sich als gleichberechtigt akzeptieren und dementsprechend auch die existenziellen Interessen des jeweils anderen anerkennen." Einen Versöhnungsweg, wie er 1990 bei der Überwindung der Apartheid in Südafrika eingeschlagen wurde, hält Yousef auch mit Blick auf den Nahen Osten für denkbar und wünschenswert. Ob ein solches friedliches Miteinander oder eine friedliche Koexistenz von Israelis und Palästinensern am Ende dann in einem gemeinsamen oder in zwei voneinander unabhängigen Staaten organisiert werden könnte, ist für ihn zweitrangig.

Mit Sorge sieht der Mann, dessen Familie nach dem Sechstagekrieg 1967 ihre Heimat in Richtung Jordanien verlassen musste, die Polarisierung, die der jüngste Nahostkrieg auch in der deutschen  Gesellschaft ausgelöst hat. Deshalb würde er, der sich über viele Jahre in Mülheimer Friedensforum und für eine Städtepartnerschaft zwischen Mülheim, dem israelischen Kfar Saba und dessen palästinensischer Nachbargemeinde Qalqilia eingesetzt hat, auch in unserer Stadt einen interreligiösen deutsch-israelisch palästinensischen Friedensdialog anregen wollen.


Derr Autor & Die DPG

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