Dass an diesen Tagen vor Weihnachten auch an sie gedacht wird, erlebten etwa 50 sozial benachteiligte Menschen aus Mülheim, die von der 2002 ins Leben gerufenen christlichen Aktion Aufwind ins Gemeindehaus der Evangelisch-freikirchlichen Gemeinde an der Auerstraße eingeladen wurden, um bei gutem Essen, guten Gesprächen und guter Live-Musik (letztere von Keyboarder Dirk Biesgen und Sängerin Sandra Schmidt) für einige Stunden von der Schatten- auf die Sonnenseite des Lebens zu wechseln.
Mit-Organisator Norbert Tischmeyer ließ sich in
seinem geistlichen Grußwort von der Weihnachtsgeschichte inspirieren und
verglich die Hirten auf dem Felde, die als erstes von der Geburt Jesu erfuhren
mit den Menschen, die am Rand unserer Gesellschaft stehen, weil sie zum Beispiel
durch Krankheit, Drogen, Arbeits- und Wohnungslosigkeit aus ihrer Lebensbahn
geworfen sind. Der Automobilingenieur Tischmeyer, der nach eigener Aussage „in
einer schweren Lebenskrise Menschen gefunden hat, die mich an die Hand genommen
und wieder aufgerichtet haben,“ sagte seinen Gästen: „Die Frohe Botschaft Jesu richtet sich gerade an euch, die ihr
gefallen, aber wieder aufgestanden seid. Sie kann euch für Euer Leben Mut
machen, immer wieder neu anzufangen und nicht zu verzweifeln, auch wenn wir in beängstigenden
und frustrierenden Zeiten von Corona, Krieg, Energiekrise und Inflation alle
nicht wissen, wohin das alles führen wird.“.
Diese Zeitung nutzte die Adventsfeier der Aktion
Aufwind, deren Name nicht nur zur Weihnachtszeit Programm ist, um mit deren
Gästen darüber ins Gespräch zu kommen, was sie auf ihrem Lebensweg von 2022
nach 2023 für sich und für uns alle hoffen und wünschen.
Ein 56-jähriger Mann mit Wollmütze und leicht
ergrautem Haar sagt: „Die heutige Einladung ist in meiner bescheidenen
Situation eine schöne Ablenkung in meinem harten Alltag, aber auch nicht mehr. In
Deutschland muss sich viel ändern, vor allem die Politik. Sie kümmert sich zu viel
um arme Menschen, die zu uns kommen und zu wenig, um die vielen Leute, die hier
schon ihr ganzes Leben verbracht haben und denen es echt dreckig geht.“
Renate (73) wünscht sich, „dass ich weiterhin die
Kraft habe nach vorne zu schauen, weil es anders nicht geht und dass ich hier
weiter eine Gemeinschaft finde, in der man zusammenhält, sich zuhört und sich
auch hilft.“ Von der Politik fühlt sie sich auf allen Ebenen im Stich gelassen.
„Der Oberbürgermeister und die Regierung müssten mal was für unsere Kreise, zum
Beispiel für Obdachlose und arme Rentner tun. Im reichen Süden der Stadt sind
die Straßen und Häuser noch ganz gut. Aber im armen Norden tut sich nichts. Für
die armen Menschen bewegt sich nichts. Die sind für die Politik nicht wichtig
und interessant.“
Annika (35) berichtet bei Kaffee und Gebäck: „Ich
habe lange als Teilzeitkraft und Kassiererin im Einzelhandel gearbeitet. Aber
das war für mich zu stressig und hat mich psychisch krank gemacht. Jetzt suche
ich nach einer Langzeitreha nach einer betreuten Wohngemeinschaft, in der
Menschen, wie ich an die Hand genommen und wieder fit gemacht werden. Aber
solche WGs gibt es leider viel zu wenig. Umso schöner sind solche Aktionen wie
die von Aufwind, die an Menschen denken und sie sehen, denen es nicht gut geht“
Jürgen (75) wünscht sich vor allem, „dass es Frieden
in der Ukraine gibt und die Preise wieder runtergehen, damit es allem besser
geht.“ Außerdem fände er es schön, wenn an kalten Tagen U-Bahnhöfe,
Einkaufszentren und Turnhallen mit Feldbetten auszustatten und so als
winterfeste Übernachtungsmöglichkeit für Obdach- und Wohnungslose zur Verfügung
zu stehen. Menschen in der Krise, wünscht er vor allem „den Mut und die
Klugheit, Hilfe anzunehmen, Veränderung zu wagen, auf gute Menschen zuzugehen
und schlechten Menschen aus dem Weg zu gehen.“
Hermann (57) wünscht sich für 2023 vor allem
„Gesundheit und Menschen, die einem ab und zu helfen.“ Außerdem würde er sich
über „mehr Schlafplätze für Obdachlose und über mehr Streetworker freuen, die
einen Blick für Menschen haben, die auf der Straße leben und denen es schlecht
geht!“
Christel (68), die von sich sagt: „Ich war schon mal
fast tot“, wünscht sich 2023 viele Stunden mit netten Menschen, wie sie sie an
diesem Samstag beim Aufwind erlebt und sie hofft, „dass die Menschen wieder
freundlicher und hilfsbereiter miteinander umgehen und dabei den Wert der
Gemeinschaft wiederentdecken und erleben.“ Diesem Wunsch schließt sich Helmhard
(71) gerne an und ergänzt ihn noch um den Wunsch, „dass es wieder mehr
bezahlbaren Wohnraum und gute Nachbarschaft“ geben möge, „damit niemand mehr
Wohnungs-Punk erleben muss.“
Und Jörg (57), der nach einer 35-jährigen
Drogenkarriere seit 2018 wieder clean ist und jetzt zum Mitarbeiterteam der
Evangelisch-freikirchlichen Gemeinde an der Auerstraße gehört, wünscht sich
nicht nur für 2023, „dass viele Menschen in einer Lebenssituation, wie ich sie
erlebt habe, Gott und Menschen kennenlernen, die wohlwollend auf sie zugehen
und sie so ermutigen, ihr Leben zum Besseren zu verändern.“
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