Bevor er 1943 im Bombenhagel des Zweiten Weltkrieges zerstört wurde, war der Turm der im 13. Jahrhundert errichteten Petrikirche windschief. In Erinnerung daran schlagen die Mülheimer Karnevalisten die Verdientesten aus ihren Reihen zum Ritter vom schiefen Turm. Am kommenden Mittwoch wird Ulrich Pütz in diesen erlauchten Kreis aufgenommen. Der leitende Mitarbeiter des städtischen Immobilienservice hat lange den Rosenmontagszug geleitet. In der Session 1995/96 war er Stadtprinz, später auch Vorsitzender des Hauptausschusses Groß-Mülheimer Karneval. Heute steht der 53-jährige Familienvater an der Spitze des Prinzensenats. Warum investiert er viel Zeit und Arbeit in den Karneval. Der designierte Ritter erklärt es im Gespräch mit dieser Zeitung.
Wie kamen Sie zum Karneval?
Pütz: Schon mit
zehn Jahren durch meine Eltern, die in der Kolpingfamilie Broich/Speldorf und
in der aus ihr hervorgegangenen KG Blau Weiß aktiv waren. Ich habe klassisch
mit dem Kinderkarneval angefangen und habe dann später auch hinter den Kulissen
bei Blau Weiß mitgeholfen. Als gelernter Maler kam ich dann auch zu den
Wagenbauern. Aber erst als Stadtprinz habe ich dann die ganze Breite des Mülheimer
Karnevals kennengelernt.
Warum sind Sie dem
Karneval treu geblieben?
Pütz: Ich bin ein
geselliger Mensch und engagiere mich gerne für und mit anderen Menschen. Ich bereite
Menschen gerne eine Freude. Und wenn ich nach einer Veranstaltung von
Teilnehmern höre: Mensch, dass habt ihr tollgemacht, ist das für mich ein
großartiges Gefühl. Ich möchte die Gemeinschaft, die man im Karneval erlebt,
nicht missen. Im Karneval hat man sie alle zusammensitzen. Gerade in
schwierigen Zeiten hat der Karneval eine wichtige soziale Funktion, in dem er
die Menschen mit seiner fröhlichen Gemeinschaft für den harten Alltag mental
stärkt.
Sie sind seit mehr als 40 Jahren im Karneval aktiv. Das
ist heute selten.
Pütz: Das macht eben den Ritter aus. Der Ritter ist
beständig und bleibt auch in schweren Zeiten an Bord. Man findet heute viele
Menschen, die sich für ein zeitlich begrenztes Projekt engagieren. Aber Leute,
die für eine Sache über Jahre arbeiten und auch Verantwortung übernehmen, weil
sie sehen, was zu tun ist, sind selten. Das hat viele Gründe. Die Arbeitszeiten
sind heute flexibler und die beruflichen Ansprüche höher. Aber wir haben heute
auch eine neue Generation, die sich nicht mehr so ohne weiteres für irgendetwas
auf Dauer einspannen lässt und die vielleicht auch an der einen oder anderen
Stelle nicht so belastbar ist und andere Prioritäten hat.
Wie hat sich der Karneval verändert?
Pütz: Die Zeiten ändern sich und mit ihnen der
Karneval. Wir haben immer noch die klassische Prunksitzung, die zum Karneval
einfach dazu gehört. Aber der Trend geht derzeit mehr in Richtung Party. Und wir
brauchen den Hauptausschuss Groß-Mülheimer Karneval mehr denn je, um große
Gemeinschaftsveranstaltungen mit Strahlkraft zu organisieren.
Die größte Gemeinschaftsveranstaltung ist der Rosenmontagszug.
Pütz: So ist das: Mit dem Rosenmontagszug ziehen wir
bis zu 50.000 Menschen in die Stadt. Ich bin froh, dass ich schon vor der
Duisburger Love-Parade-Katastrophe von 2010 in die Leitung des
Rosenmontagszuges hineinwachsen konnte. Damals saßen wir alle in einem Boot. Danach
wurde seine Organisation erheblich aufwendiger. und man hat sehr viel stärker
als vorher darauf geschaut, wer für was die Verantwortung übernehmen und den
Kopf hinhalten muss. Gott sei Dank sind uns größere Unglücke in den 65 Jahren,
in denen es den Mülheimer Rosenmontagszug gibt, bisher erspart geblieben. Seit
2010 haben wir mehr technische Sicherheitsauflagen: Die Wagenbauer haben sich
in Seminaren weitergebildet. Heute wird beim Wagenbau und seiner technischen
Abnahme genau darauf geachtet: Wie hoch und stabil sind die Wagenbrüstungen. Wo
gibt es an Bord Haltegriffe und wie wird ein barrierearmer Ein- und Ausstieg
der Wagenbesatzung gewährleistet.
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