Samstag, 23. Juli 2022

Starke Tradition

 Sie lassen die Kirche im Dorf und feiern wieder ihr Schützenfest. Wie die beiden Weltkriege hat jetzt die Coronavirus-Pandemie für eine Unterbrechung dieser Tradition gesorgt. "Wir müssen erst wieder reinkommen", sagt der Brudermeister der Sankt-Sebastianus-Schützenbruderschaft, Stefan Berg. Ein 30-köpfiges Organisationsteam der insgesamt 100 Selbecker Schützen hat es möglich gemacht, dass am dritten Juli-Wochenende am Stockweg gefeiert werden konnte.

Wie in den Vor-Corona-Jahren wurde dort nicht nur der Vogel abgeschossen. Auch Kirmes,- Musik- und Partyfans kamen auf ihre Kosten. "So ein Schützenfest fördert die dörfliche Gemeinschaft. Deshalb sind wir froh, dass auch viele Kinder und Jugendliche unter den Besuchern sind", betonen Schützenkönig Marcus Bause (47) und seine Schützenkönigin Vanessa (42). Die Beiden sind auch jenseits der Schützenbruderschaft ein Paar. "Ich kann mir durchaus vorstellen in einem der kommenden Jahre selbst den Vogel abzuschießen und dann als Schützenkönigin meinen Ehemann als Prinzgemahl zu wählen", betont Vanessa Bause.

Sie ist der lebende Beweis dafür, dass auch eine Schützenbruderschaft, die 121 Jahre auf dem Buckel hat, mit der Zeit gehen. Längst kann nicht nur Mann bei den Selbeckern den Vogel abschießen. Den aktuellen Beweis liefert Schützenschwester Melina Kammann, die als Schützenprinzessin der U-25-Schützen den Vogel abgeschossen hat. Und auch an den Erfordernissen der schönen neuen Arbeitswelt sind die Selbecker Schützen nicht vorbeigekommen. Vor sieben Jahren haben sie ihr Schützenfest von vier auf drei Tage gekürzt und sich mit Rücksicht auf das Berufsleben ihrer Mitglieder den blauen Schützenmontag gespart.

"Inzwischen ist bei uns auch die Ökumene eingekehrt. Früher konnten nur katholische Männer Schützenbrüder werden. Heute erwarten wir nur noch die Mitgliedschaft in einer christlichen Kirche, weil wir uns weiterhin als christlicher Verein verstehen", betont Schriftführer Dominik Oing, der in diesem Jahr den Schützenwettkampf am Stockweg moderierte.

Und natürlich durfte beim Selbecker Schützenfest auch der Umzug durchs Dorf und der anschließende Krönungsball im Festzelt nicht fehlen. "Das kann sich jeder leisten. Und es ist empfehlenswert, weil es einfach viel Spaß macht", machen Marcus und Vanessa Bause potenziellen Thronfolgern Mut. Natürlich wird auch von ihnen ein festlicher Ornat, der Besuch befreundeter Schützengesellschaften und so manche Saalrunde erwartet, die nach ihren Berechnungen mit 1200 bis 2000 Euro in ihrer Haushaltskasse zu Buche schlagen werden. Allerdings wird ihre einjährige Regentschaft auch von der Schützenbruderschaft mit einem Königsgeld unterstützt, "Hoffentlich macht uns das Corona-Virus auch 2023 keinen Strich durch die Rechnung. Denn so gerne wir 2022 die Schützenkönigswürde übernommen haben, so legen wir es doch nicht darauf an, länger auf dem Schützenthron zu sitzen, als uns selbst lieb ist", blickt Schützenkönigin Vanessa Bause hoffend und bangend in die Zukunft. "Schützen und Schützinnen dürfen nur alle fünf Jahre Schützenkönig oder Schützenkönigin sen. Denn schließlich sollen ja möglichst viele Schützengeschwister in den Genuss dieser Ehre kommen", erklärt Marcus Bause das Reglement. Er selbst ist nach 2011 jetzt zum zweiten Mal Schützenkönig geworden.


Zur Sankt-Sebastianus-Schützenbruderschaft



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