Um das Thema Depressionen zu enttabuisieren, radeln Betroffene quer durchs Land. Nun machten sie in Mülheim Halt – mit wichtiger Botschaft.
40 Männer und Frauen treten kräftig in die Pedale, um mehr Wissen über das Tabuthema Depression zu verbreiten. Anfang Juli machte der Tandem-Tross der bundesweiten „Mutmach-Tour“ Station auf dem Kurt-Schumacher-Platz in Mülheim, um mit Passanten ins Gespräch zu kommen.
Da passte es gut, dass der Paritätische Wohlfahrtsverband einen Infostand zum Thema aufgebaut hatte, der die Infoflyer der Mutmacher ergänzte. „Ich finde es großartig, dass sich hier Betroffene auf den Weg machen und ihr Gesicht zeigen, um mit den Menschen über ein gesellschaftlich wichtiges Thema zu sprechen“, sagt Tourteilnehmer Ralf Klose. Seine Tandem-Partnerin Paulina Schorn wünscht sich, „dass sich Betroffene und ihre Angehörigen rechtzeitig Hilfe holen und keine Angst haben, um Hilfe zu bitten“. Beide Mutmacher nennen dauerhafte Antriebslosigkeit und Schlaflosigkeit als klassische Symptome einer Depression.
Zur Hilfestruktur, die depressionskranken Menschen und ihren Angehörigen unter die Arme greift, damit die seelische Not nicht übermächtig wird, gehört auch die neue Leiterin des beim Paritätischen Wohlfahrtsverband am Tourainer Ring 4 ansässigen Selbsthilfebüros Lena Schütter. Auch wenn Schütter keine Psychotherapeutin, sondern Sozialarbeiterin ist, übernimmt sie eine wichtige Lotsenfunktion, um professionelle therapeutische Unterstützung zu beschaffen und Kontakt zu einer der aktuell sechs Mülheimer Depressions-Selbsthilfegruppen herzustellen.
„Für Betroffene ist es wichtig, zu erfahren, dass sie mit ihrer Krankheit nicht allein sind“, betont Schütter. Dafür sprechen die 18 Prozent der Krankschreibungen in Deutschland, die nach den Erkenntnissen der Deutschen Angestellten Krankenkasse auf eine Depression zurückgehen. Folgt man der Stiftung Deutsche Depressionshilfe, die unter der kostenfreien 0800 33 44 533 ein Infotelefon anbietet, dann leiden aktuell 5,3 Millionen Deutsche unter einer Depression. 22 Prozent der Betroffenen haben derzeit keine therapeutische Begleitung.
Paulina Schorn und Ralf Klose wünschen sich deshalb, dass das stationäre und ambulante Therapieangebot in Deutschland ausgebaut wird, um zu verhindern, dass Betroffene wochen- und monatelang auf einen Therapieplatz warten müssen. Der Faktor Zeit ist lebenswichtig, da bei einer Depression Erwerbsunfähigkeit und Suizid-Gedanken zum Krankheitsbild gehören. „Depression ist eine Krankheit, die jeden Menschen in jedem Alter treffen kann. Davor kann sich niemand schützen“, unterstreicht Ralf Klose, bevor er mit seinen Mutmachern zur nächsten Etappe nach Duisburg radelt.
Die Leiterin des paritätischen Selbsthilfebüros, Lena Schütter, ist erreichbar unter 0208 30 04 814 und selbsthilfe-muelheim@paritaet-nrw.org. Infos zu den Mutmachern: www.wiemanriesenbekaempft.de
Meine Text in NRZ und WAZ
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