Am 16. Dezember feierte die Jüdische Gemeinde Mülheim-Duisburg-Oberhausen den ersten Tag ihres achttägigen Lichterfestes Channukka auch auf dem Synagogenplatz. Dann werden der neue Vorstandsvorsitzende der Gemeinde Dmitrij Yegudin und der neue Gemeinderabbiner Reuven Konnik zusammen mit Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld die erste von acht Festtagskerzen entzünden. Zur Feier des Tages wird auch der Gemeindechor singen und Fettgebackenes gereicht. Das jüdische Lichter- und Familienfest Channukka erinnert an ein Wunder. Als 164 vor Christus der 2. jüdische Tempel in Jerusalem nach einer Verwüstung durch die Syrer wieder eingeweiht wurde, reichte das Olivenöl zum Entzünden des siebenarmigen Kerzenleuchters, dessen Licht nicht erlöschen sollte, eigentlich nur für einen Tag. Doch durch eine wunderbare Ölvermehrung brannten die Kerzen acht Tage, solange, bis neues Olivenöl hergestellt und herangeschafft werden konnte.
Wenn sich der Geschäftsführer der 2700 Mitglieder zählenden Gemeinde, Michael Rubinstein, heute ein Wunder wünschen könnte, wäre es wohl das einer wunderbaren Geldvermehrung. „Wie andere Gemeinden müssen wir uns heute auch fragen, was wir leisten wollen, was wir leisten müssen und was wir leisten können“, sagt Rubinstein.
Den größten finanziellen Brocken, den die Gemeinde derzeit schultern muss, ist die 1,8 Millionen Euro teure, Betonsanierung ihres Gemeindezentrums im Duisburger Innenhafen. Dagegen nehmen sich die 30?000 Euro, die die Gemeinde in diesem Jahre in ihren Friedhof an der Gracht investieren musste, um ihre Friedhofskapelle zu restaurieren und Sturmschäden zu beseitigen, geradezu bescheiden aus.
Die Jüdische Gemeinde, die in Mülheim rund 750 Mitglieder hat, betreibt neben ihrem Gemeindezentrum mit seinen religiösen, kulturellen und sozialen Veranstaltungen auch eine Kindertagesstätte, in der 45 Kinder betreut werden, ein Jugendzentrum und eine umfangreiche Sozialberatung, die in Mülheim beim Diakonischen Werk am Hagdorn angesiedelt ist.
„Im Jahr 2014 liegt der Finanzbedarf für unsere Aktivitäten, Einrichtungen und 25 hauptamtlichen Mitarbeiter bei rund 1,6 Millionen Euro“, schätzt Geschäftsführer Rubinstein. Die Gemeindearbeit finanziert sich aus der Kultussteuer, die ihre Mitglieder zahlen und die, wie bei der christlichen Kirchensteuer einen Aufschlag von neun Prozent der Einkommenssteuer ausmacht, sowie aus zum Teil projektbezogenen Fördermitteln der Kommunen, des Landes und des Bundes. Die Stadt Mülheim unterstützt zum Beispiel den jüdischen Gemeindekindergarten mit jährlich 1400 Euro. Bei außergewöhnlichen Belastungen, wie jetzt durch die Betonsanierung ihres Zentrums, kommt die Gemeinde aber nicht ohne Kredite, Stiftungsmittel und Spendenaktionen aus.
Dass dem im Februar 2014 neugewählten Gemeindevorstand nur noch Mitglieder angehören, die ihre Wurzeln in der ehemaligen Sowjetunion haben, erklärt Rubinstein damit, dass dies auf 97 Prozent der Gemeindemitglieder zutrifft. Denn durch die Zuwanderung aus der ehemaligen Sowjetunion, die nach 1989 einsetzte, wuchs die Gemeinde von 118 auf 2700 Mitglieder an.
Die Tatsache, dass inzwischen 1052 von 2700 Gemeindemitgliedern über 60 sind, zeigt, dass der demografische Wandel und ein damit verbundener Schrumpfungsprozess auch in der Jüdischen Gemeinde angekommen ist. Zwölf Sterbefällen und zehn Austritten standen 2014 acht Neuzugänge entgegen. Der Umgang mit dementiell veränderten, pflegebedürftigen oder behinderten Familienangehörigen wird zunehmend zum zentralen Thema der gemeindlichen Sozialarbeit. Hinzu kommt, wenn auch mit abnehmender Tendenz, der Bedarf an Sprachförderung. Vor allem die jüngeren Gemeindemitglieder sprechen heute selbstverständlich deutsch und russisch.
Als positives Signal sieht Rubinstein, dass der neue Gemeindevorstand wöchentliche Sprechstunden abhält, eine zentrale Servicenummer eingerichtet hat, die Gemeindezeitung sechs statt zweimal pro Jahr erscheinen lässt und mit Moshe Werner erstmals einen hauptamtlichen Jugendleiter eingestellt hat.
Dieser Text erschien am 12. Dezember 2014 in der Neuen Ruhr Zeitung
Wenn sich der Geschäftsführer der 2700 Mitglieder zählenden Gemeinde, Michael Rubinstein, heute ein Wunder wünschen könnte, wäre es wohl das einer wunderbaren Geldvermehrung. „Wie andere Gemeinden müssen wir uns heute auch fragen, was wir leisten wollen, was wir leisten müssen und was wir leisten können“, sagt Rubinstein.
Den größten finanziellen Brocken, den die Gemeinde derzeit schultern muss, ist die 1,8 Millionen Euro teure, Betonsanierung ihres Gemeindezentrums im Duisburger Innenhafen. Dagegen nehmen sich die 30?000 Euro, die die Gemeinde in diesem Jahre in ihren Friedhof an der Gracht investieren musste, um ihre Friedhofskapelle zu restaurieren und Sturmschäden zu beseitigen, geradezu bescheiden aus.
Die Jüdische Gemeinde, die in Mülheim rund 750 Mitglieder hat, betreibt neben ihrem Gemeindezentrum mit seinen religiösen, kulturellen und sozialen Veranstaltungen auch eine Kindertagesstätte, in der 45 Kinder betreut werden, ein Jugendzentrum und eine umfangreiche Sozialberatung, die in Mülheim beim Diakonischen Werk am Hagdorn angesiedelt ist.
„Im Jahr 2014 liegt der Finanzbedarf für unsere Aktivitäten, Einrichtungen und 25 hauptamtlichen Mitarbeiter bei rund 1,6 Millionen Euro“, schätzt Geschäftsführer Rubinstein. Die Gemeindearbeit finanziert sich aus der Kultussteuer, die ihre Mitglieder zahlen und die, wie bei der christlichen Kirchensteuer einen Aufschlag von neun Prozent der Einkommenssteuer ausmacht, sowie aus zum Teil projektbezogenen Fördermitteln der Kommunen, des Landes und des Bundes. Die Stadt Mülheim unterstützt zum Beispiel den jüdischen Gemeindekindergarten mit jährlich 1400 Euro. Bei außergewöhnlichen Belastungen, wie jetzt durch die Betonsanierung ihres Zentrums, kommt die Gemeinde aber nicht ohne Kredite, Stiftungsmittel und Spendenaktionen aus.
Dass dem im Februar 2014 neugewählten Gemeindevorstand nur noch Mitglieder angehören, die ihre Wurzeln in der ehemaligen Sowjetunion haben, erklärt Rubinstein damit, dass dies auf 97 Prozent der Gemeindemitglieder zutrifft. Denn durch die Zuwanderung aus der ehemaligen Sowjetunion, die nach 1989 einsetzte, wuchs die Gemeinde von 118 auf 2700 Mitglieder an.
Die Tatsache, dass inzwischen 1052 von 2700 Gemeindemitgliedern über 60 sind, zeigt, dass der demografische Wandel und ein damit verbundener Schrumpfungsprozess auch in der Jüdischen Gemeinde angekommen ist. Zwölf Sterbefällen und zehn Austritten standen 2014 acht Neuzugänge entgegen. Der Umgang mit dementiell veränderten, pflegebedürftigen oder behinderten Familienangehörigen wird zunehmend zum zentralen Thema der gemeindlichen Sozialarbeit. Hinzu kommt, wenn auch mit abnehmender Tendenz, der Bedarf an Sprachförderung. Vor allem die jüngeren Gemeindemitglieder sprechen heute selbstverständlich deutsch und russisch.
Als positives Signal sieht Rubinstein, dass der neue Gemeindevorstand wöchentliche Sprechstunden abhält, eine zentrale Servicenummer eingerichtet hat, die Gemeindezeitung sechs statt zweimal pro Jahr erscheinen lässt und mit Moshe Werner erstmals einen hauptamtlichen Jugendleiter eingestellt hat.
Dieser Text erschien am 12. Dezember 2014 in der Neuen Ruhr Zeitung
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