Dienstag, 26. August 2014

Jenseits des großen Hypes oder: Die Sonnen- und Schattenseiten des Profifußballs - Ein Gespräch mit dem ehemaligen Fußballprofi und heutigen Amateurfußballtrainer Hans Günter Bruns

 
Die Fußball-Weltmeisterschaft ist Vergngenheit. Seit dem 22. August rollt der Fußball wieder in der Bundesliga. Der richtige Zeitpunkt, um sich mit dem ehemaligen Bundesligafußballer und Nationalspieler Hans Günter Bruns, der 1954 in Mülheim geboren wurde und bis 1999 hier gelebt hat, über Licht und Schatten im Profifußball zu unterhalten.

Frage: Vorab! Welche Beziehung haben Sie zu Mülheim?

Antwort: Hier bin ich aufgewachsen und habe bei Rot Weiß Mülheim mit dem Fußballspielen angefangen. Hier war ich in den 80er und 90er Jahren Trainer beim VFB Speldorf und hier lebt bis heute mein Vater.

Frage: Warum begeistert die Fußball-Bundesliga so viele Menschen?

Antwort: Das hat nicht nur mit sportlicher Leistung zu tun, sondern vielmehr mit der Atmosphäre in den großen Bundesliga-Stadien. Fußball-Bundesliga, dass ist für viele Menschen heute Spaß und Party.

Frage: Erleben die Leute beim Fußball die Gemeinschaft und den Erfolg, den Sie im Alltag oft vermissen?

Antwort: Das ist ganz eindeutig so. Das sieht man aber umgekehrt auch daran, dass viele Menschen ausrasten, wenn ihre Mannschaft mal verliert, weil sie vielleicht auch in ihrem Alltagsleben mit Niederlagen nicht umgehen können.

Frage: Krawall in Bundesligastadien erfordert große Polizeieinsätze. Sollte sich die Bundesliga an den Kosten für Polizeieinsätze beteiligen?

Antwort: Auf jeden Fall. In der Bundesliga werden Milliarden umgesetzt. Das ist es doch gerechtfertigt, dass sich die Bundesligavereine an den Kosten für Polizeieinsätze beteiligen.

Frage: Hat der Bundesliga-Fußball-Betrieb durch seine starke Kommerzialisierung seine Leichtigkeit verloren?

Antwort: Die hat er schon lange verloren. Seit ich 1990 meine Fußballerkarriere beendet habe, haben sich die Spielergehälter verzehnfacht. Das hat nichts mehr mit der sportlichen Leistung der Spieler zu tun, sondern ist auf einen unglaublichen Hype zurückzuführen, der von vielen Seiten, auch von den Medien, befeuert wird. Es ist schade, dass sich alles auf die Bundesliga fokussiert und kaum jemand noch zum Amateurfußball geht, obwohl auch dort guter Fußball gespielt wird.

Frage: Wird die Bundesliga sportlich überschätzt?

Antwort: Auf jeden Fall. Denn wir haben mit Bayern und Dortmund nur zwei Spitzenmannschaften, gefolgt von einigen ganz guten Mittelklassemannschaften wie Schalke, Leverkusen, Gladbach oder Wolfsburg. In den europäischen Wettbewerben, spielen die Bundesligamannschaften, mit Ausnahme von Bayern und Dortmund, keine Rolle und auch die meisten Spieler unserer Weltmeistermannschaft spielen bei Bayern, Dortmund oder im Ausland.

Frage: Hand aufs Herz. Haben Sie als Fußball-Profi nicht auch schon ganz gut verdient?

Antwort: Mein Gehalt war total in Ordnung. Aber den medialen und kommerziellen Hype, den wir heute in der Fußball-Bundesliga erleben, gab es zu meiner aktiven Zeit nicht einmal ansatzweise.

Frage: Fußball-Profi zu sein, war das für Sie ein Traum?

Antwort: Ich durfte mein Hobby zum Beruf zu machen, auch wenn das Training manchmal Quälerei war. Und vor begeisterten Menschenmassen Fußball zu spielen, ist ein einzigartiges und unglaubliches Gefühl, auch wenn damals noch wesentlich weniger Leute in die Stadien kamen als heute. Vor allem in Gladbach ging es auch sehr familiär zu. Und Spiele, wie unseren 5:1-Sieg über Real Madrid und den Gewinn des UEFA-Pokals in der Saison 1978/79 werde ich im Leben nicht vergessen.

Frage: Wie realistisch ist der jugendliche Traum von einer Karriere als Fußball-Profi?

Antwort: Das kann man nicht pauschal beantworten. Das hat mit Talent, Willenskraft und Einstellung zu tun. Aber man darf nicht vergessen, dass nur zehn Prozent der Jugendlichen, die von den großen Fußballclubs ausgebildet werden, am Ende auch in einer Profimannschaft landen.
 
Dieser Text erschien am 22. August 2014 in der Neuen Ruhr Zeitung

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