Den mächtigen den Spiegel vorhalten. Das war von jeher ein Kern des Karnevals. Doch in den letzten Jahren ist die Zunft der politischen Büttenredner nicht nur im Mülheimer Karneval rar geworden.
Insofern ist auch Jürgen Wisniewski als Hoppeditz der Karnevalsgesellschaft Blau-Weiß eine Ausnahmeerscheinung. Er hat sich sehr kurzfristig für diese Session als Büttenredner gewinnen lassen und es nicht bereut. Warum tut sich das Publikum heute so schwer mit politischen Bütten reden?"
Viele Menschen sind müde. Ihre Konzentrationsfähigkeit hat abgenommen. Das Leben ist anstrengender geworden. Viele Menschen müssen sich mit mehreren Jobs über Wasser halten. Da wollen viele nur noch abschalten feiern tanzen und Musik hören und nicht mehr über Politik nachdenken", meint Wisniewski. Er selbst hat in dieser Session nicht nur Mülheims Oberbürgermeister Marc Buchholz und die bescheidenen Straßenverhältnisse in Mülheim, die desolate Situation der Innenstadt und das aus der Ampelkoalition sondern auch der neu gewählten amerikanischen Präsidenten Donald Trump aufs Korn genommen.
"Jemand wie Trump, der einen Tick hat und damit angreifbar ist, ist natürlich für einen Büttenredner ein gefundenes Fressen", sagt der 57-Jährige Ingenieur. Natürlich muss ein Büttenredner die Zeitung lesen egal in welcher Form, um die Themen zu finden, die er aufs Korn nehmen kann. Mein Kostüm als Hoppeditz dass mir ein syrischer Schneider in Mülheim in nur 14 Tagen genäht hat, hilft mir bei meinen Auftritten als karnevalistische Kunstfigur. Es stärkt mir den Rücken und beflügelt mich", sagt der fröhliche und mit heiterem Ernst ausgestattete Familienvater.
Für ihn, der in der Session 2017/2018 auch schon mal als Stadtprinz auf der Bühne stand und heute das Amt des Senatspräsidenten der KG Blau-Weiss bekleidet, steht fest: "Ein Büttenredner packt sich immer die Starken, nie die Schwachen." Dabei hält es Wisniewski für kontraproduktiv: "sich an einem Thema fest zu fressen oder gar im parteipolitischen Sinne Partei zu ergreifen." Seine Methode in der Bütt ist es: "über die politische Landschaft hinweg zu fliegen und die Themen nur anzuticken und anzuspielen." Natürlich muss jeder sein Fett wegbekommen Punkt und das gilt auch für die Anekdoten über die erste Reihe der eigenen Karnevalsgesellschaft.
Obwohl auch Oberbürgermeister Marc Buchholz vom Hoppeditz sein Fett wegbekommen, lobte er diesen doch ausdrücklich und begrüßt es, dass Jürgen Wisniewski zu den wenigen seiner Zunft gehört, die daran arbeiten die Tradition der politischen Büttenrede wieder zu beleben. Es lohnt sich gerade heute, hat diese Zunft und diese Kunst doch so unvergessene und Maßstäbe setzende Persönlichkeiten wie die Kölner Karl Küpper, der als "Der Verdötschte" sogar den Nationalsozialisten trotzte, und Toni Geller als "Redner der Blauen Partei" hervorgebracht, die zurecht bis heute für ihren närrischen Wortwitz legendär sind.
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