Donnerstag, 19. Oktober 2023

Motherland = Mutterland

Motherland. Mutterland heißt das bemerkenswerte biografische Buch, dass die englisch-deutsche Journalisten und Schriftstellerin Monique Charlesworth jetzt in Haus der Stadtgeschichte der interessierten Öffentlichkeit vorgestellt hat. Sie beschreibt darin die dramatische Lebensgeschichte ihrer Mutter Inge Rosenbaum, die durch die Heirat mit dem englischen Offizier Tom Charlesworth zu Inge Charlesworth wurde. Doch das ist schon wieder eine andere Geschichte. 

Kern der Geschichte, die Monique Charlesworth erzählt, ist die der Kindheit ihrer Mutter im Mülheim der NS-Zeit. Als Tochter eines jüdischen und kommunistischen Vaters und einer evangelischen Mutter wurde Inge Rosenbaum in den Augen des NS-Regimes zur Halbjüdin und zur Tochter eines aktiven Kommunisten, den die NSDAP als Staatsfeind ansah und entsprechend verfolgte.


Monique Charlesworth erzählt eine Geschichte, die sie nicht von ihrer Mutter erfahren, sondern selbst recherchiert hat. Auch als Opfer des NS-Regimes litt Inge Rosenbau-Charlesworth unter dem, was Alexander und Margarete Mitscherlich als "die Unfähigkeit zu trauern" bezeichnet haben. Lieber verdrängen und schweigen, als das Erlebte aufzuarbeiten und das Unsagbare auszusprechen. Das war, wie die in den 1950er Jahren geborene Monique Charlesworth am Lebensbeispiel ihrer Mutter zeigt, nicht nur für viele NS-Täter, sondern auch für viele NS-Opfer die Überlebensstrategie ihrer Wahl und ihrer inneren Qual.

Während Inge Rosenbaum und ihre Mutter Mathilde im Exil überleben und nach dem Krieg, allen Schatten der Vergangenheit zum Trotz, ein neues Lebensglück finden konnten, wurde ihr Vater und Ehemann Arthur Rosenbaum als Jude und aktiver Kommunisten zu einem der 6 Millionen Holocaust-Opfer, von denen 270 aus Mülheim kamen.

Arthur Rosenbaum, der mit seiner Familie 1939 nach Belgien fliehen konnte, wurde durch die kriegsbedingte Besetzung Belgiens durch die Deutschen Wehrmacht von den menschenverachteten Handlangern des NS-Regimes interniert und später nach Auschwitz in den sicheren Tod deportiert. Deshalb ist einer der 168 in Mülheim verlegten Stolpersteine Arthur Rosenbaum gewidmet, der nur 44 Jahre alt werden durfte. 

Man kann nur hoffen, dass es Monique Charlesworth gelingen möge, ihr bisher nur in englischer Sprache vorliegendes Buch auch in einem deutschen Verlag zu veröffentlichen, um die beispielhafte Lebensgeschichte ihrer Mutter auch in Deutschland dem Vergessen zu entreißen und damit ein öffentlichkeitswirksames und für die Nachgeborenes Zeitdokument bereitzustellen, dass ihnen und uns allen zeigt, wohin Extremismus und Fanatismus führen können.

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