Samstag, 13. Mai 2023

Aufgelesen

 Hans-Georg Specht ist einer von vier noch lebenden Altoberbürgermeistern. Das Ende seiner durch die erste schwarzgrüne Ratsmehrheit (1994 bis 1999) ermöglichte Amtszeit liegt bereits 24 Jahre zurück. Und doch kümmert sich der heute 82-Jährige, der früher in der Stadtmitte und seit 2017 in Saarn zu Hause ist, immer noch ganz handfest darum, was in unserer Stadt und in seinem Wohnumfeld passiert und vor allem darum, was besser nicht passieren sollte.

Der pensionierte Polizeihauptkommissar mit einer kommunalpolitischen Vergangenheit in der CDU versteht sich als ein Wertkonservativer. Verstöße gegen Recht und Ordnung und damit gegen soziale Normen, die ein friedliches und gedeihliches Zusammenleben erst möglich machen, sind ihm ein Dorn im Auge. Mit seinem Spazierstock und mit seinem Hund streift er gern und viel durch Stadt und Natur. Dabei sind ihm immer wieder und überall achtlos weggeworfenen Anti-Corona-Schutzmasken aufgefallen und aufgestoßen.

Doch Specht wollte sich nicht nur ärgern, sondern auch etwas tun und sammelte deshalb ab Anfang 2022 eine Schutzmasken nach der anderen, um sie ordnungsgemäß zu entsorgen. Dabei diente ihm sein Spazierstock als tragbarer Maskenpicker und Maskenträger.

So unterwegs, erntete er manche Anerkennung und auch manchen Spott und manches mitleidige Lächeln. Doch eine Zahl spricht für ihn und sein selbstgewähltes bürgerschaftliches Engagement seit Beginn der vergangenen 17 Monate. Denn Specht bei seinen Spaziergängen, bei denen er sich buchstäblich um den Dreck anderer Leute kümmerte, 5207 weggeworfene Schutzmasken ordnungsgemäß von der Straße geholt und ordnungsgemäß entsorgt. Doch bei dieser löblichen Aktion, für die er mindestens ein dickes Dankeschön der Mülheimer Entsorgungsgesellschaft (MEG) verdient hätte, beließ es der Alt-OB nicht. So manchen Drecksspatz, den er auf frischer Tat ertappte, hat er angesprochen.

Vor allem im Umfeld des Schulzentrums Sam und an den Bushaltestellen zwischen Düsseldorfer Straße und Kölner Straße, auch auf dem Auberg wurde er fündig. Bei seinen Streifzügen in Sachen öffentlicher Sauberkeit, sammelte er nicht nur Masken, sondern auch etliche ausgetrunkene Tetrapacks auf. Vor allem die zahlreich von ihm angetroffenen und angesprochenen jugendlichen Umweltsünder aus der Fridays-for-Future- Generation packte er rhetorisch bei ihrem Umweltgewissen. Manche kommentierten seine Ansprache mit gleichgültigem Achselzucken oder der rhetorischen Gegenfrage: „Was willst du Opa denn eigentlich?“ Andere zeigten sich einsichtig, entschuldigten sich und hoben die weggeworfene Maske oder den weggeworfenen Tetrapack wieder auf und warfen ihren Müll in den nächsten Mülleimer.

Über ein Erlebnis, dass er als Wanderprediger in Sachen praktizierter Umweltschutz hatte, muss er noch heute lachen. Specht erzählt: „Einen Schüler, der seine Anti-Corona-Schutzmaske achtlos weggeworfen hatte, fragte ich: Was hältst du eigentlich von Fridays for Future? Seine Antwort kam prompt: Das ist echt cool! Als ich ihn dann fragte: Und warum verschmutzt du dann deine eigene Umwelt, wurde der junger Mann nachdenklich und hob die weggeworfene Maske kleinlaut wieder auf, während einer seiner Klassenkameraden Specht mir im Weitergehen zurief: Das hast du echt cool gemacht, Opa!“ Im Halse stecken blieb Specht das Lachen aber, als er eines Tages einen Jugendlichen dabei beobachtete, wie er seinen ausgetrunkenen Tetrapack über eine Gartenhecke warf. Als er ihn auf sein Fehlverhalten ansprach, antwortete ihm dieser: „Ich bin doch Basketballer!“ und ging uneinsichtig seiner Wege.

Für den langjährigen Polizeibeamten, Kommunalpolitiker und Familienvater, Hans-Georg Specht, dem auch mit 82 nicht egal ist, was um ihn herum und bei uns passiert, sieht den Umweltvandalismus vor allem als ein Erziehungsproblem, der nach seiner Ansicht nicht von Polizei, Ordnungsamt, MEG oder Ruhrbahn gelöst werden kann, sondern nur von engagierten Eltern, Lehrern und Erziehern. Schülerinnen und Schüler, die zum Beispiel regelmäßig mit einer Müllzange das Umfeld ihrer Schule vom wilden Müll befreien, wäre für ihn gutes pädagogisches Mittel der Wahl.


Mülheimer Presse und: Zur MEG

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