Auch diese Zeitung hat sich mit der Zeit gewandelt. Als ihre Herausgeber Jakob Funke und Erich Brost am 3. April 1948 mit ihrer WAZ an den Start ging, war vom Fernsehen und vom Internet noch keine Rede. Was sagen langjährige Mülheimer Leserinnen und Leser über ihre Zeitung im Wandel von 75 Jahren. Zu einem Gespräch darüber traf sich die Lokalredaktion mit Teilnehmerinnen und Teilnehmern der von Brigitte Preuss und Manfred Zabelberg moderierten und für Neuzugänge immer offenen Mülheimer Zeitzeugenbörse im Sommerhof am Tourainer Ring.
„Wir hatten die WAZ von Anfang an im Jahres-Abo. Im ersten Jahr kostete es 44 Reichsmark“, erinnert sich die 1926 in Berlin geborene und seit 1945 in Mülheim lebende Eva Timm. Angesichts der vier Seiten der ersten Ausgabe, stellt sie fest: „Der Umfang ist in den ersten Jahren rasch gewachsen. Mit der Wirtschaft wuchs auch die Zahl der Anzeigen. Vor allem die Wochenendausgaben waren später wesentlich dicker als heute, wohl deshalb, weil inzwischen viele Werbeanzeigen ins Internet abgewandert sind.“
Auch mit 98 Jahren liest Timm täglich die WAZ und trainiert ihre grauen Zellen nicht nur mit den Informationen, sondern auch mit der Rätselecke, die ihr die Zeitung bietet. Allerdings vermisst sie den täglichen Fortsetzungsroman, den man früher in der WAZ lesen konnte.
Die 1949 geborene Jutta Loose sagt: „Ich bin mit der WAZ aufgewachsen und habe nach meinem Auszug von zuhause ein eigenes Abo abgeschlossen. Ich möchte die tägliche Lektüre nicht missen. Ich lese alle Seiten und Rubriken der Zeitung, aber der Lokalteil mit seinen Nachrichten aus Mülheim ist für mich der wichtigste Teil der Zeitung, der in den vergangenen Jahren leider dünner geworden ist. Ich würde mir mehr lokale Nachrichten wünschen und könnte dafür gerne auf Seiten über den Niederrhein, die Niederlande und die Nachbarstädte verzichten.“
Der 1928 in Mülheim geborene Horst Heckmann findet die Nachbarschaftsseiten in der WAZ dagegen „durchaus interessant, weil man über den lokalen Tellerrand hinausschauen und dabei manchmal den Eindruck gewinnen kann, dass in unseren Nachbarstädten mehr los ist als bei uns.“ Allerdings wünscht auch er sich mehr Mülheimer Nachrichten in der WAZ. Außerdem hat er den Eindruck, dass das Preis-Leistungs-Verhältnis des WAZ-Abos in den vergangenen Jahren eher schlechter als besser geworden ist und dass die Druckfehler im Blatt zugenommen haben.
Wie Timm kann sich auch Heckmann daran erinnern, dass auch die ausgelesene und als Altpapier abgelegte WAZ auf dem Markt und in Geschäften als Verpackungsmaterial oder daheim, in Vierecke geschnitten, als Klopapier ihren Dienst tat. Für Heckmann steht fest: „Wer keine Zeitung liest, lebt doch hinter dem Mond.“
Der 1944 in Österreich geborene und seit 35 Jahren in Mülheim lebende Ex-FDP-Stadtrat, Wolf D. Hausmann, bescheinigt der Mülheimer WAZ eine „alles in allem sehr faire und differenzierte Berichterstattung über das lokale Geschehen und die Kommunalpolitik“, auch wenn er als Liberaler immer „den subjektiven Eindruck hat, dass die anderen Parteien mit ihren Inhalten und ihrer politischen Arbeit mehr Platz im Blatt bekommen als meine Partei.“
Auch die 1943 geborene Christel Lohmar bescheinigt der WAZ, „dass sie im Vergleich zu anderen Zeitungen nicht so tendenziös, sondern neutraler ist und sich bemüht, leicht verständlich, sachlich und nachrichtlich zu schreiben und zu berichten.“ Allerdings würde sie sich insgesamt eine größere Themenvielfalt und eine stärkere Berücksichtigung der Stadtteile im Mülheimer Lokalteil der WAZ wünschen. Wie für Eva Timm, so vergeht auch für Christel Lohmar keine WAZ-Lektüre ohne den Blick in die Todesanzeigen und in die Leserbriefspalten. So manchen Leserbrief empfinden die beiden WAZ-Leserinnen als pointierter als den einen oder anderen Zeitungskommentar.
Alle Zeitzeugen vermissen den Leserladen an der Eppinghofer Straße und wünschen sich von der Lokalredaktion, dass sie sich für den Erhalt des Wasserbahnhofes einsetzen möge.
Kontakt zur Zeitzeugenbörse
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der im November 2011 gegründeten Mülheimer Zeitzeugenbörse treffen sich regelmäßig im Sommerhof am Tourainer Ring 12/Ecke Hingberg 62. Auf ihrer Internetseite, aber auch mit öffentlichen Zeitzeugenlesungen und als Gesprächspartner in Zeitzeugengesprächen mit Kindern und Jugendlichen halten sie ihre Lebenserfahrungen fest und geben sie weiter. Die Zeitzeugenbörse findet man im Internet unter: www.unser-quartier.de/zzb-
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