Viele Familien machen jetzt einen Osterspaziergang. Dabei verstecken und suchen sie bunte Ostereier. Der 73-jährige Speldorfer Wolfgang Seiring, der früher als Erzieher im Broicher Jugendzentrum Cafe Fox und im Styrumer Cafe4You gearbeitet hat, macht einen Osterspaziergang, mit der er Farbe für den Frieden bekennen will. Er geht mit im Ostermarsch Ruhr. Er beginnt mit einer Kundgebung auf der Königstraße zwischen Sparkasse und Landgericht und führt auf seiner ersten Etappe durch die Duisburger Innenstadt. Im Gespräch mit der Lokalredaktion erklärt der Mülheimer Ostermarschierer, was ihn antreibt.
Warum gehen Sie mit?
Wolfgang Seiring: Weil ich Farbe bekennen will und weil mir der Frieden wichtig ist. Mit dem Ostermarsch können wir den Parteien zeigen, dass wir mit ihrer aktuellen Politik nicht einverstanden sind. Ich marschiere auch deshalb für den Frieden, weil nicht nur in meiner Familie viele Menschen im Krieg gestorben sind oder zumindest unter dem Krieg und seinen Folgen gelitten haben. Ich denke dabei zum Beispiel an meine Eltern, Helmut und Ursula Seiring, die von der Roten Armee in ein sibirisches Zwangsarbeiter- und Straflager verschleppt wurden und erst 1946 bzw. 1948 nach Mülheim zurückkehren konnten. Meine Mutter hat ihre traumatischen Kriegserlebnisse in dem Buch: „Du sollst nicht sterben“ aufgeschrieben. Also zeigt mir allein schonmein Familiengeschichte: Krieg muss und darf um der Menschen Willen nicht sein.
Gehen viele mit Ihnen?
Wolfgang Seiring: In den vergangenen Jahren schwankten die Zahlen der Ostermarschierer an der Ruhr zwischen 50 und 200 Teilnehmern. In den späten 1970ert und während der 1980er Jahre, auf dem Höhepunkt des atomaren Wettrüstens zwischen der Nato und dem Warschauer Pakt waren es so viele Menschen, dass man den Anfang und das Ende der Ostermarschkolonne nicht sehen und die Zahl der Ostermarschierer nicht zählen konnte. Wie im vergangenen so erwarte ich auch in diesem Jahr, angesichts des Ukraine-Krieges wieder mehr Teilnehmer.
Wer geht mit?
Wolfgang Seiring: Die Teilnehmenden kommen quer aus allen Generationen und gesellschaftlichen Gruppen. Das Spektrum reicht von Fridays for Future über Pax Christi bis hin zur Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes und dem Bund der Antifaschisten.
Was wollen Sie erreichen?
Wolfgang Seiring: Der Ostermarsch zeigt den Friedensbewegten, dass sie nicht allein sind und viele so denken, wie sie. Aber er ist auch ein Zeichen für alle, die nicht mitgehen oder politisch uninteressiert sind: Da ist was. Da passiert was, dass für uns und unsere Kinder und Kindeskinder wichtig ist. Wir wollen für eine Welt ohne Atomwaffen demonstrieren und für eine Welt ohne Kriege und Umweltzerstörung. Das sind wir unseren Kindern und Enkeln schuldig.
Frieden schaffen ohne Waffen?
Wolfgang Seiring: Natürlich haben die Menschen in der Ukraine das Recht, sich gegen den russischen Angriffskrieg zu verteidigen. Und das können sie eben nicht mit Bleistiften tun. Aber auch dieser Krieg wird und muss durch Verhandlungen beendet werden. Die Gesprächskanäle müssen offenbleiben. Die Vermittlungsangebote der Vereinten Nationen, Chinas, Brasiliens, Indiens und Südafrikas sollten genutzt werden, um das menschliche Elend in der Ukraine zu beenden. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass derzeit nicht nur in der Ukraine-Krieg geführt wird, auch mit Waffen, die von der deutschen Rüstungsindustrie in Krisengebiete geliefert werden.
Haben sich die 1960 gestarteten Ostermärsche verändert?
Wolfgang Seiring: Früher sind wir von Duisburg bis Dortmund marschiert und haben gemeinsam in angemieteten Turnhallen übernachtet. Heute fahren wir mit dem Zug von einer Etappe zur nächsten. Früher gab es auch mehr politische Sprechchöre und Livemusik beim Ostermarsch. Wir sind auch durch Mülheim gezogen und haben mit einer Kundgebung am Viktoriaplatz, dem heutigen Synagogenplatz, Halt gemacht. Ich finde es schade, dass der Ostermarsch Ruhr in Mülheim heute nicht mehr präsent ist.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen