„Alles
neu macht der Mai“, dichtete anno 1829 der Mülheimer Poet und Pädagoge Hermann
Adam von Kamp. So ist es auch im Mai anno 2022 im Ratskeller. Nach 29 Jahren
geben Janet und Jörg Thon die gastronomische Leitung des traditionsreichen
Restaurants in die jüngeren Hände ihres Mitarbeiters Dennis Kleischmann, der am
5. Mai seinen 25. Geburtstag feiert.
„Wir
wollen etwas kürzertreten und übergeben den Betrieb löffelfertig“, sagen die
Thons. Und der Mülheimer Dennis Kleischmann, der 2021 als Quereinsteiger aus
dem KFZ-Handwerk in die Gastronomie des Ratskellers kam, lässt keinen Zweifel
daran, dass er den seit 1984 als Gasthaus mit deutscher Küche und rustikalem
Ambiente betriebenen Ratskeller im Sinne der Thons fortführen wird. „Ich weiß,
dass die Gäste anfangs erst mal skeptisch sein und genau hinschauen werden.
Aber ich arbeite ja weiterhin mit den bewährten Angestellten, die bereits von
den Thons eingestellt worden waren“, betont Kleischmann. Und er fügt hinzu:
„Gemeinsam werden wir in bewährter Form unsere Gäste satt und glücklich
machen.“
Wenn
es die Corona-Lage und die Personalsituation erlauben, möchte Kleischmann den
Ratskeller ab Herbst wieder an sechs Tagen in der Woche öffnen und den Dienstag
als zweiten Ruhetag streichen.
Die
Thons, die 1990 aus dem thüringischen Gera nach Mülheim kamen, hinterlassen
ihrem Nachfolger auch etliche Reservierungen und den Catering-Auftrag für das
Mülheim-Mittendrin-Fest, das am 7. Mai unter anderem auf dem Rathausmarkt über
die Bühne gehen wird.
Mitnehmen
wollen die Thons, die weiterhin die, 2005 von ihnen übernommene, Gastronomie
des Bürgergartens an der Aktienstraße betreiben, ihre Gourmet-Bonus-Card. Diese
Bonus-Karte für Stammgäste konnte bisher sowohl im Ratskeller und im
Bürgergarten verwendet werden. Ab Mai ist sie nur noch im Bürgergarten gültig.
Der
noch unverheiratete Dennis Kleischmann übernimmt mit dem Ratskeller ein traditionsreiches
Haus, das vor den Thons von Norbert Bellenbaum betrieben wurde. 1911 im Rahmen
des Rathausbaus als Ratstrinkstube eingerichtet, diente der Bierkeller im
Zweiten Weltkrieg als Luftschutzraum. Nach dem Krieg war hier zunächst das
Veterinäramt und später das Aktenarchiv der Stadtverwaltung beheimatet. Ironie
der Geschichte. Die Rampe im Hof, über die heute Gäste den Ratskeller ebenerdig
betreten können, die etwa als Rollator- und Rollstuhlfahrer keine Treppen
steigen oder in die Tiefe hinabgehen können, diente nach dem 2. Weltkrieg als
Vorführrampe für Schweine und Rinder.
Hintergrund
Jörg Thon ist und bleibt Vorsitzender des örtlichen Gaststättenverbandes DEHOGA. Aktuell sind nach seinen Schätzungen 80 Mülheimer Gastronomen im Verband organisiert. Die Zahl der gastronomischen Betriebe in unserer Stadt schätzt er auf etwa 120. Zum Vergleich: 1912 gab es in Mülheim noch 250 Gaststätten. Es gab noch kein Radio und kein Fernsehen. Viele Wohnungen waren klein. So wurde das Gasthaus um die Ecke für viele Menschen zur zweiten Wohnstube. Hinzu kam: Die Menschen waren nicht so mobil wie heute und fuhren bestenfalls mit der Straßenbahn, verbrachten ihre Freizeit aber in der Regel nur in ihrer Stadt.
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