Samstag, 3. April 2021

Im Zeichen des Regenbogens

 Selbeck. Seit dem 27. März weht an der Kirche der hl. Theresia von Avila die Regenbogenfahne. Die Farben des Regenbogens symbolisieren seit alttestamentarischen Zeiten den nachsintflutlichen Frieden zwischen Gott und den Menschen. Heute stehen seine Farben auch für den irdischen Frieden zwischen den Nationen und Menschen. Sie sind ein Bekenntnis zur gleichberechtigten Vielfalt der Gesellschaft. Deshalb haben auch Friedensbewegte, Verteidiger der Menschenrechte sowie die Bewegung der schwul und lesbisch lebenden Menschen die Regenbogenfahne als ihr Symbol erkoren.

Die zwölf Mitglieder des Sachausschusses von St. Theresia von Avila verstehen vorösterlichen Fahnenschmuck an der Karl-Forst-Straße als kirchen-politische Kritik an Papst Franziskus, der die kirchliche Segnung homosexueller Lebensgemeinschaften ablehnt. Die katholischen Christen von der Gemeindebasis der Pfarrgemeinde St. Mariä Himmelfahrt stehen mit ihrer Papst-Kritik in diesem Punkt nicht allein. Die katholischen Pfarrer Michael Janßen und Christian Böckmann hatten in dieser Zeitung bereits am 24. März Ihr Unverständnis angesichts der jüngsten Entscheidung des Vatikans geäußert und betont, weiter an der kirchlichen Segnungspraxis, inklusive gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften festhalten zu wollen. Böckmann nannte den Ton des Papst-Papieres „eiskalt“ und begrüßte die gleichfalls kritische Stellungnahme des Ruhrbischofs Franz-Josef Overbeck. Konservative Katholiken aus Deutschland, so vermutete Böckmann im Gespräch mit dieser Zeitung, hätten die päpstliche Ablehnung der kirchlichen Segnung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften in Rom „bestellt.“

„Wir wollen mit diesem Symbol der Versöhnung  zeigen, dass alle Frauen und Männer, unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung bei uns willkommen sind“, betont der Selbecker Katholik und Mitinitiator Christoph Rumbaum. Er findet: „Eine Kirche, die sich die Nächstenliebe auf ihre Fahnen geschrieben hat, tut gut daran, Lebenspartner zu segnen, die sich lieben und Verantwortung füreinander übernehmen wollen.“

Auch seine Mitstreiterin aus dem Sachausschuss St. Theresia von Avila, Heike Bordin-Knappmann, versteht die Regenbogenfahne an der 1892 vom damaligen Kölner Erzbischof Philipp Kardinal Krementz eingeweihten Kirche, die, laut Pfarreientwicklungskonzept, keine Kirchensteuermittel mehr erhält als „ein klares Statement der Hoffnung in unserer Kirche, an deren Basis christliche Werte wie Nächstenliebe, Hilfe, ehrenamtliches Engagement und Gemeinschaft vorurteilsfrei und fortschrittlich gelebt werden.“ Gerade erst hat Bordin-Knappmann zusammen mit Michaela Kaminski und Imke Seipelt an der Selbecker Theresien Kirche einen interaktiven und alle Sinne ansprechenden Kreuzweg erstellt. Die dreifache Mutter, die sich aufgrund ihrer eigenen positiven Erfahrungen weiterhin in ihrer Kirche engagiert und beheimatet fühlt, fürchtet, dass konservativer Dogmatismus, wie er in der päpstlichen Ablehnung der Segnung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften zum Ausdruck kommt, nicht nur homosexuelle Katholiken, die sich bisher noch in ihrer Kirche engagierten, aus dieser hinaustreiben könnte.

Als katholische Christin der Generation Maria 2.0 lässt Heike Bordin-Knappmann keinen Zweifel daran, dass ihre Kirche die Frauen langfristig nur dann in ihren Reihen halten kann, „wenn sie das Pflichtzölibat für Priester abschafft und Frauen einen gleichberechtigten Zugang zum Priesteramt verschafft.“ 

Hintergrund:

Die Ablehnung, homosexuelle Lebenspartnerschaften zu segnen, wird durch die päpstliche Glaubenskongregation als „Antwort auf einen Zweifel“ unter anderem damit begründet, dass es der Kirche nicht erlaubt sei, „"nicht erlaubt, Beziehungen oder selbst stabilen Partnerschaften einen Segen zu erteilen, die eine sexuelle Praxis außerhalb der Ehe (das heißt außerhalb einer unauflöslichen Verbindung eines Mannes und einer Frau) einschließen". Gleichzeitig würdigen die amtskirchlichen Glaubenshüter des Vatikans den aufrichtigen Willen" mancher Projekte, "homosexuelle Personen anzunehmen, sie zu begleiten und ihnen Wege des Glaubenswachstums anzubieten". Sie sprechen sogar von positiven Elementen in homosexuellen Lebenspartnerschaften, die für sich zu schätzen und hervorzuheben seien, aber, für sich gesehen, keine kirchlichen Segnungen rechtfertigten. Diakon Hans-Georg Keller aus der Pfarrgemeinde St. Mariä Himmelfahrt zeigt Verständnis für die jüngste päpstliche Entscheidung: Er sieht in ihr keine Ablehnung homosexueller Menschen, sondern den Hinweis des Papstes, dass der sexuelle Charakter einer Beziehung etwas sehr Privates und Intimes sei, dass sich der kirchlichen Segnung entziehe und deshalb kein öffentlicher Gegenstand sein könne. Im Rahmen eines Dokumentarfilms hatte Papst Franziskus im Oktober 2020 mit Blick auf homosexuelle Menschen gesagt: "Wer bin ich, sie zu urteilen. Homosexuelle haben das Recht, in einer Familie zu leben. "Was wir benötigen, ist ein Gesetz, das eine zivile Partnerschaft ermöglicht.“


aus der NRZ vom 31.03.2021

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