Selbeck. Seit dem 27. März weht an der Kirche der hl. Theresia von Avila die Regenbogenfahne. Die Farben des Regenbogens symbolisieren seit alttestamentarischen Zeiten den nachsintflutlichen Frieden zwischen Gott und den Menschen. Heute stehen seine Farben auch für den irdischen Frieden zwischen den Nationen und Menschen. Sie sind ein Bekenntnis zur gleichberechtigten Vielfalt der Gesellschaft. Deshalb haben auch Friedensbewegte, Verteidiger der Menschenrechte sowie die Bewegung der schwul und lesbisch lebenden Menschen die Regenbogenfahne als ihr Symbol erkoren.
Die zwölf Mitglieder des Sachausschusses von
St. Theresia von Avila verstehen vorösterlichen Fahnenschmuck an der
Karl-Forst-Straße als kirchen-politische Kritik an Papst Franziskus, der die
kirchliche Segnung homosexueller Lebensgemeinschaften ablehnt. Die katholischen
Christen von der Gemeindebasis der Pfarrgemeinde St. Mariä Himmelfahrt stehen
mit ihrer Papst-Kritik in diesem Punkt nicht allein. Die katholischen Pfarrer
Michael Janßen und Christian Böckmann hatten in dieser Zeitung bereits am 24.
März Ihr Unverständnis angesichts der jüngsten Entscheidung des Vatikans
geäußert und betont, weiter an der kirchlichen Segnungspraxis, inklusive
gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften festhalten zu wollen. Böckmann
nannte den Ton des Papst-Papieres „eiskalt“ und begrüßte die gleichfalls
kritische Stellungnahme des Ruhrbischofs Franz-Josef Overbeck. Konservative
Katholiken aus Deutschland, so vermutete Böckmann im Gespräch mit dieser
Zeitung, hätten die päpstliche Ablehnung der kirchlichen Segnung
gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften in Rom „bestellt.“
„Wir wollen mit diesem Symbol der Versöhnung
zeigen, dass alle Frauen und Männer,
unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung bei uns willkommen sind“, betont
der Selbecker Katholik und Mitinitiator Christoph Rumbaum. Er findet: „Eine
Kirche, die sich die Nächstenliebe auf ihre Fahnen geschrieben hat, tut gut
daran, Lebenspartner zu segnen, die sich lieben und Verantwortung füreinander übernehmen
wollen.“
Auch seine Mitstreiterin aus dem
Sachausschuss St. Theresia von Avila, Heike Bordin-Knappmann, versteht die
Regenbogenfahne an der 1892 vom damaligen Kölner Erzbischof Philipp Kardinal
Krementz eingeweihten Kirche, die, laut Pfarreientwicklungskonzept, keine
Kirchensteuermittel mehr erhält als „ein klares Statement der Hoffnung in
unserer Kirche, an deren Basis christliche Werte wie Nächstenliebe, Hilfe, ehrenamtliches
Engagement und Gemeinschaft vorurteilsfrei und fortschrittlich gelebt werden.“ Gerade
erst hat Bordin-Knappmann zusammen mit Michaela Kaminski und Imke Seipelt an der
Selbecker Theresien Kirche einen interaktiven und alle Sinne ansprechenden
Kreuzweg erstellt. Die dreifache Mutter, die sich aufgrund ihrer eigenen
positiven Erfahrungen weiterhin in ihrer Kirche engagiert und beheimatet fühlt,
fürchtet, dass konservativer Dogmatismus, wie er in der päpstlichen Ablehnung
der Segnung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften zum Ausdruck kommt,
nicht nur homosexuelle Katholiken, die sich bisher noch in ihrer Kirche
engagierten, aus dieser hinaustreiben könnte.
Als katholische Christin der Generation Maria 2.0 lässt Heike Bordin-Knappmann keinen Zweifel daran, dass ihre Kirche die Frauen langfristig nur dann in ihren Reihen halten kann, „wenn sie das Pflichtzölibat für Priester abschafft und Frauen einen gleichberechtigten Zugang zum Priesteramt verschafft.“
Hintergrund:
Die
Ablehnung, homosexuelle Lebenspartnerschaften zu segnen, wird durch die
päpstliche Glaubenskongregation als „Antwort auf einen Zweifel“ unter anderem
damit begründet, dass es der Kirche nicht erlaubt sei, „"nicht erlaubt,
Beziehungen oder selbst stabilen Partnerschaften einen Segen zu erteilen, die
eine sexuelle Praxis außerhalb der Ehe (das heißt außerhalb einer
unauflöslichen Verbindung eines Mannes und einer Frau) einschließen". Gleichzeitig würdigen die amtskirchlichen
Glaubenshüter des Vatikans den aufrichtigen Willen" mancher Projekte,
"homosexuelle Personen anzunehmen, sie zu begleiten und ihnen Wege des
Glaubenswachstums anzubieten". Sie sprechen sogar von positiven Elementen
in homosexuellen Lebenspartnerschaften, die für sich zu schätzen und
hervorzuheben seien, aber, für sich gesehen, keine kirchlichen Segnungen
rechtfertigten. Diakon Hans-Georg Keller aus der Pfarrgemeinde St. Mariä
Himmelfahrt zeigt Verständnis für die jüngste päpstliche Entscheidung: Er sieht
in ihr keine Ablehnung homosexueller Menschen, sondern den Hinweis des Papstes,
dass der sexuelle Charakter einer Beziehung etwas sehr Privates und Intimes
sei, dass sich der kirchlichen Segnung entziehe und deshalb kein öffentlicher
Gegenstand sein könne. Im Rahmen eines Dokumentarfilms hatte Papst Franziskus
im Oktober 2020 mit Blick auf homosexuelle Menschen gesagt: "Wer bin ich, sie zu urteilen. Homosexuelle haben das
Recht, in einer Familie zu leben. "Was wir benötigen, ist ein Gesetz, das
eine zivile Partnerschaft ermöglicht.“
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