Dienstag, 2. Oktober 2012

Das Theater Mülheimer Spätlese muss um seine Eyistenz fürchten

„Sprachlos“ heißt das Clownspiel, mit dem das Theater Mülheimer Spätlese am 12. September in seine 23. Spielzeit gestartet ist. Wenn es schlecht läuft, könnte das Seniorentheater, das jährlich eine neue Produktion auf die Bühne bringt, 38 Vorstellungen alter und neuer Stücke gibt und darüber hinaus in Schulen Theaterworkshops mit Jugendlichen durchführt, ab dem Sommer 2013 sprachlos bleiben. Der Grund: Die Leonhard-Stinnes-Stiftung, die das ehrenamtliche Ensemble um den hauptamtlichen Theaterpädagogen Eckhard Friedl in seinen ersten 15 Jahren mit jährlich 70.000 Euro zu 100 Prozent gefördert hat, will im kommenden Sommer aussteigen.


Die Stiftung hatte ihre Theaterfinanzierung in den letzten Jahren bereits auf 20?000 Euro pro Jahr reduziert. Die restlichen 50?000 Euro hat sich das Theater Spätlese seit dem mit seinen Schulaufführungen und Workshops aus der städtischen Kulturförderung verdient. Außerdem konnten die Spätleser mit ihrem öffentlichen Theater- Film- und Diskussionsprojekt „Reichtum des Alters“ 100?000 Euro von der Stiftung Wohlfahrtspflege NRW gewinnen und bekam 2009 einen einmaligen Zuschuss der Stadt von 42?500 Euro.

„Es wäre sehr schade, wenn dieses professionell geleitete Theater mit seinen derzeit 35 ehrenamtlichen Schauspielern nicht fortgesetzt werden könnte“, sagt Kulturamtsleiter Frank Baudy, der zugleich auch Vorsitzender des Spätlese-Trägervereins ist. Dieser 50-köpfige Verein erwirtschaftet mit seinen Beiträgen und Eintrittserlösen aber maximal nur 5500 Euro pro Jahr. „Die Stadt wird ihr finanzielles Förderniveau so nicht halten können und man muss der Leonhard-Stinnes-Stiftung dankbar sein, dass sie das Theater Spätlese so lange finanziert hat“, erklärt Baudy die Ausgangslage.

Bereits im März hatten SPD, CDU, FDP, Grüne und MBI die Kulturverwaltung beauftragt, ein Alternativkonzept zu erarbeiten, um den Fortbestand des auch außerhalb Mülheims geschätzten Seniorentheaters zu sichern. Amtsleiter Baudy sagt zum aktuellen Stand dieser Bemühungen im Moment nur so viel: „Wir führen derzeit Gespräche in verschiedene Richtungen.“ Mit konkreten Ergebnissen rechnet er erst im November, wenn der Kulturausschuss über den Etat berät. der am 4. Oktober in den Rat eingebracht wird.

„Das ist ein kulturelles und soziales Leuchtturmprojekt, um das uns viele Städte beneiden“, betont Theaterleiter Eckhard Friedl. „In unserer Theaterarbeit blenden wir das Thema aus. Sonst könnten wir nicht kreativ sein. Aber in den Pausengesprächen wird natürlich gefragt: Wie geht es mit uns weiter? Haben wir noch eine Zukunft?“, schildert er die aktuelle Stimmungslage in seiner Theatertruppe.

Für Sozial- und Kulturdezernent Ulrich Ernst ist und bleibt das Theater Spätlese eine kulturelle Aufgabe, für die er angesichts der Haushaltsauflagen der Bezirksregierung weder im Kultur- noch im Sozialetat zusätzliches Geld sieht. „Da müssen wir einfach nach anderen Lösungen suchen und das tun wir“, unterstreicht Ernst.

Dieser Beitrag ist am 30. August 2012 in der NRZ erschienen.

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